Fehler machen erlaubt

Was bedeutet Behinderung? Was sind Barrieren? Und wie kann das Theater offener für alle Besucher*innen werden?

Diese Frage stellte das zweitägige Symposium in zwei Vorträgen, Workshops und einem Speeddating mit Expert*innen. Die wohl wichtigste Aussage, die sich durch die Veranstaltung zog: Es in Ordnung Fehler zu machen. Nur aus Fehlern lässt sich lernen. Auch Silke Stuck und Noa Winter, die beiden Organisatorinnen des Symposiums, gestehen bei der Eröffnung, dass sie beim diesjährigen Festival, das so barrierearm war wie noch nie, nicht an alles gedacht hatten. Zum Beispiel war die relaxed area in „Chinchilla Arschloch, waswas” nicht barrierefrei, was sich erst kurz vor Vorstellungsbeginn herausstellte, als ein Rollstuhlfahrer eine Karte für diesen Bereich ganz vorne im Saal hatte, aber wegen mehrerer Stufen nicht hinkommen konnte. Immerhin ließ sich schnell ein Ersatzplatz organisieren.

Was bedeutet barrierefreies Theater? Darüber wollten ziemlich viele Menschen diskutieren. © Holger Rudolph

Das Symposium fand zum Großteil in den Räumen der Volkshochschule Mainz statt. Selbstverständlich wurde auf einen barrierearmen Zugang geachtet. Dass hier jeder willkommen ist, wird deutlich, weil die relaxing area ein entspanntes Verweilen ermöglicht und alle Gespräche in Englisch, Leichte Sprache und Deutsche Gebärdensprache simultanübersetzt werden.

Die Veranstaltung ist gut besucht, alle Plätze sind belegt, es gibt eine Warteliste. In den Vorstellungsrunden während der Workshops wird klar, dass Expert*innen, Interessierte und Theatermacher*innen aus ganz Deutschland angereist sind um dazuzulernen. Offensichtlich hat ein Umdenken im Theater begonnen.

Weil der Vortrag von Judyta Smykowski darüber, wie über Menschen mit Behinderung in den Medien gesprochen wird, wegen Krankheit ausfiel, füllte Noa Winter die Lücke mit einer allgemeineren Einführung zum Thema Behinderung und zu Formulierungs-Fettnäpfchen. Jo Verrent fragt in ihrem Vortrag danach, was wäre, wenn es keine Barrieren mehr gäbe. Sie berichtet vom kreativen Potential behinderter Künstler*innen, das durch mehr Diversität entsteht und sichtbar wird.

Die Workshops – über zugängliches Theater, taube Dramaturgien, Audiodeskription, Leichte Sprache und relaxed performances – begeistern mit vertiefenden Informationen zu den beiden Vorträgen. Die Fragen, die bei den Zuhörer*innen entweder neu entstanden oder noch offen geblieben sind, werden von den Expert*innen während des Speeddatings mit viel Freude und Geduld beantwortet.

Gute Gespräche und reger Austausch finden bei Kaffee und kleinen Leckereien zwischen allen Besuchern auch im Foyer oder vor der Tür in der Sonne statt. Wer am Anfang noch ein bisschen schüchtern war, wird durch die herzliche und fröhliche Stimmung während des Symposiums immer mutiger, auf andere zuzugehen und Workshop-Diskussionen zu vertiefen.

Beim Abschluss des diesjährigen Symposiums wird deutlich, dass der Informationsaustausch in großer Runde ein voller Erfolg war. Alles neu gelernte findet in naher Zukunft damit hoffentlich Einzug an den Stadt- und Staatstheatern Deutschlands und vielleicht sogar darüber hinaus.