Entspann dich!

Nach Hause kommen, aufs Sofa setzen und die Füße hochlegen – ein tolles Gefühl, gerade nach einem harten Tag. Doch wie wäre es, dieses Konzept auf andere Räume wie das Theater zu übertragen?

Dieser Frage gehen Jess Thom, die im vergangenen Jahr mit „Not I“ bei Grenzenlos Kultur in Mainz zu Gast war, und Matthew Pountney in ihrem Workshop „A Warmer Welcome: from Start to Finish“ beim Symposium des Grenzenlos Kultur Festival in Mainz nach. Die Co-Gründer*innen von Touretteshero erklären das Konzept einer Relaxed Performance. Hierbei geht es vor allem darum, wie man Menschen mit Behinderung das Leben vereinfachen kann.

Wimmelbild mit Jess Thom – und entspannten Sitz- und Liegemöglichkeiten © Holger Rudolph

Bequeme Sitzmöglichkeiten allein reichen da allerdings nicht! Hinter einer Relaxed Performance steckt viel mehr. Das Konzept: Theater soll für jeden grenzenlos zugänglich werden. Für manche ist ein Theaterbesuch eine große Stressquelle. Bereits vor der Vorstellung können Fragen aufkommen: Ist der Zuschauerraum barrierefrei begehbar? Ist die Vorstellung sehr laut? Werden Stroboskop-Effekte genutzt? Hilfreich, wenn das alles schon auf der Homepage steht.

Auch vor Ort ist einiges zu beachten. Das Personal sollte auf den Umgang mit Menschen mit Behinderung geschult sein. Das Betätigen des Aufzugs sollte sich beispielsweise nicht wie ein großer Aufwand, sondern wie ein natürlicher Ablauf anfühlen. Eine aufklärende Einführung vor der Performance muss eine Verständnisbasis schaffen. Ein paar kurze Worte, dass man sich in einer Relaxed Performance befindet und was das genau bedeutet. Dies sorgt dafür, dass Performer und Zuschauer denselben Kenntnisstand haben und keiner irritiert ist, wenn jemand den Raum verlassen muss oder tict. Jeder soll sich wohl fühlen. Jeder soll willkommen sein.

Jess Thom © Holger Rudolph

Und somit gilt während der Performance: Entspann dich! Wenn einem die Aufführung zu stressig wird oder man sich mal bewegen muss, darf man einfach aufstehen, den Raum verlassen und auch wiederkommen. Man darf es sich in seinem Sitz bequem machen. Es ist okay, wenn man Geräusche macht und es ist in Ordnung, wenn man sich nicht so lange konzentrieren kann.

Die Idee der Relaxed Performance ist super. Damit sie sich etablieren können, müssen alle an einem Strang ziehen. Performer müssen akzeptieren, dass das Publikum während ihrer Aufführung nicht immer stillsitzt, auch mal Geräusche macht. Theater müssen bereit sein, ihr Personal fortzubilden und Barrierefreiheit zu schaffen. Zuschauer müssen lernen, sich von gewohnten Abläufen und Ordnungen zu lösen, Theater anders zu erleben.

Sobald diese Barrieren aus den Köpfen verschwinden, kann die Relaxed Performance zu einem festen Bestandteil des Theaters werden. Noch sind sie eine rare Attraktion. Hoffentlich werden sie bald zum Alltag.