Unsere Festivalmomente

Perspektivwechsel bei Grenzenlos Kultur vol. 20 © Holger Rudolph

Es kann so leicht sein
Das Grenzenlos Kultur Festival führt vor Augen, wie präsent Exklusion im Theaterraum tatsächlich ist, und zwar nicht, indem es anklagend in die Menge schreit. Auf der Bühne wird gezeigt, wie es sein sollte. Das ist für mich der eigentliche Höhepunkt des Festivals. Es ist im Grunde egal, wer du bist, wie du aussiehst, was du mit dir rumschleppst. Auf der Bühne sollte deshalb für jeden ein Platz frei sein.
A.B.

Zocken
Triumph und Niederlage, Wirtschaftsmacht oder Bankrott. Die Inszenierung £¥€$ fühlte sich so gar nicht wie ein Theaterabend an. Man war mitten in einem Casino mit eigenen Spielregeln und konnte mitmischen. Setze ich jetzt eine Millionen oder doch lieber zwei? Wie kalkuliere ich am Besten? So wunderbar spaßbringend, aber dennoch tiefsinnig, wenn man den erschütternden Gedanken denn zulassen will: Die da oben zocken also nur um Geld!
A.W.

Die besten 10 Minuten
Als ich am Montag beim Festival Not I von Touretteshero besucht habe, war ich als Beckett-Fan in erster Linie auf die Umsetzung seines ziemlich komplexen Stückes gespannt. Sobald ich im U17 angekommen war, habe ich alles, was ich über Beckett weiß und von ihm gesehen habe, alle Erwartungen an diese Inszenierung fallen gelassen. Jess Thom hat mich völlig in ihren Bann gezogen. Ihre in die Performance und Thematik einleitenden Worte waren so sympathisch, charmant und beeindruckend, dass sie in der Retrospektive für mich einen noch stärkeren Eindruck hinterlassen haben als die Performance selbst.
J.W.

In diesem Jahr zum ersten Mal mit Festivalzentrum: das Zentralcafé von Grenzenlos © Holger Rudolph

Tonquellen
Neben vielen tollen Auftritten, zum Beispiel dem Konzert von Percujam und den 17 Hippies, begeisterte mich besonders In 80 Tagen um die Welt vom Staatstheater Darmstadt. Luftpolsterfolie, ein Verkehrshütchen, alte Pfannenwender und viele weitere Alltagsgegenstände wurden zum Klangkörper der Reise von Phileas Fogg und seinem Diener Passepartout. Dieser laute, bunte, aber vor allem wahnsinnig lustige Abend unterstreicht für mich die inklusive Botschaft des Festivals: Wenn man gemeinsam unvoreingenommen und wertungsfrei lacht, spielt Behinderung keine Rolle.
K.K.

Gelebte Inklusion
Der Raum in tiefstes Schwarz getaucht, die Bühne auf Augenhöhe. Die Künstlerin schwebt zweieinhalb Meter über uns; nur Mund und Nase leuchten unter der Kapuze hervor. Der Wust aus Worten und Emotionen wird durch die Simultanübersetzung in Gebärdensprache nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar. Not I mit Jess Thom: Für mich ein Höhepunkt des Festivals, der auch durch seiner Form als “relaxed performance” mit Sitzkissen, Ruheraum und der Möglichkeite, jederzeit zu kommen und zu gehen, Inklusion lebte. Bereichernd war hier auch das Symposium, das zeigte, wie eine menschenfreundlichere Gestaltung unserer Theater aussehen könnte.
V.S.

Vielfalt der Emotionen
Es ist schwierig einen persönlichen Höhepunkt des Grenzenlos Kultur-Festivals zu finden. Denn für mich war es vor allem prägend, dass ich sowohl euphorische Momente der Begeisterung und positiver Energie erlebt habe als auch sehr ernsthafte und grüblerische. Wie Not I von Jess Thom, die die Grenzen des doch noch sehr exklusiven Theaters aufgebrochen hat und mir vermitteln konnte, wie individuelle Freiheit aussehen kann. Ebenso berührt hat mich Mental von the vacuum cleaner. Als wir uns in einer kleinen Gruppe vor dem Haus des Geschehens wiederfanden, schwiegen wir 20 Minuten lang.
C.M.

Die Nacht zum Tage machen: Oft wurde nach den Vorstellungen noch lange auf dem Tritonplatz zwischen Kleinem Haus und Zentralcafé diskutiert © Holger Rudolph

Tuchfühlung mit dem Gott des Weins
Halb sitzend, halb stehend versuche ich die Balance auf meinem Platz zu halten. Direkt vor mir steht Dionysos mit einem Kameramann und ich versuche den beiden so viel Raum wie möglich zu geben. Eine absurde Szene! Ich beginne laut zu lachen. Der Gott des Weines interviewt den Herrn neben mir: “Verstehen sie was wir hier machen?” Zugegebenermaßen hatte sich mir diese Frage bei Bob Dylans 115ter Traum bereits aufgedrängt. Und so lache ich nur noch lauter.
H.S.

Stoff zum Nachdenken
Ich hatte nicht viele Erwartungen an das Festival, da ich mich zuvor noch nie wirklich mit dem Thema Inklusion im Theater beschäftigt hatte. Doch sobald es losging, war ich von allen Inszenierung begeistert und vor allem das Symposium lieferte eine Menge Stoff zum Nachdenken. Am meisten beeindruckt hat mich die Peformance Not I von Jess Thom und am meisten gelacht habe ich bei der Reise um 80 Tagen um die Welt. Ich finde es wundervoll, dass dieses Festival in Mainz stattfindet und freue mich schon jetzt auf das nächste Jahr!
M.K.