… und alle Fragen offen

Ein Beispiel für inklusives Theater: In "Philoktet" von Theater RambaZamba stehen Schauspieler mit und ohne Behinderung gemeinsam auf der Bühne. © Jonas Ludwig Walter
Ein Beispiel für inklusives Theater: In “Philoktet” von Theater RambaZamba stehen Schauspieler mit und ohne Behinderung gemeinsam auf der Bühne. © Jonas Ludwig Walter

Als Festivalchef Andreas Meder und Gisela Höhne vom RambaZamba-Theater am Samstag die Fachtagung “Es geht ums Ganze” mit dem Impulsgespräch “Inklusion, wat isn ditte?” eröffneten, stellten sie mehr Fragen, als sie Antworten hatten. Dem können wir uns nur anschließen. Falls jemand Antworten hat – wir freuen uns über Kommentare!

Was ist Inklusion? Einschluss? Umarmung? Freundliche Übernahme? Oder Gleichmachung? Die Überführung von jemandem, der anders ist als die Mehrheit, in die wirtschaftliche Verwertungskette?

Was ist inklusives Theater? Wenn auch der Backstage-Bereich behindertengerecht gestaltet ist? Wenn in einem Ensemble aus Schauspielern mit Behinderungen ein Schauspieler ohne Behinderung mitwirkt? Wenn ein Schauspieler mit Behinderung in einem Ensemble mit Schauspielern ohne Behinderung mitmitwirkt? Wenn ein nichtbehinderter Regisseur mit Schauspielern mit Behinderungen arbeitet? Oder wenn die Kostümbildnerin eine Beinprothese trägt?

Ist inklusives Theater eine Frage von Verhältnissen? Von Mengen- oder von gesellschaftlichen? Braucht es eine Inklusionsquote? Ist “Stallerhof” von Franz Xaver Kroetz ein inklusives Stück? Kann es Grundlage einer inklusiven Inszenierung sein, wenn die geistig behinderte Beppi von einer Schauspielerin mit geistiger Behinderung gespielt wird? Oder ist Inklusion erst erreicht, wenn diese Schauspielerin die Ophelia spielt?

Alles eine Frage des Geldes?

Gehen Menschen in inklusive Produktionen, um Schauspieler mit Behinderungen zu erleben? Oder um gutes Theater zu sehen? Um berührt zu werden? Um sich sozial zu engagieren? Oder um zu lachen? Über wen oder was lacht man, wenn man über die Späße eines Schauspielers mit Behinderung lacht? Wann ist Inklusionstheater Verwandlung, Figur, Rolle? Und wann Freakshow?

Ist ein Othello oder ein Jago im Rollstuhl nicht immer eine theatrale Setzung, die gedeutet wird? Oder ist das eine Frage der Gewöhnung? Ist das nach wie vor an der dramatischen Dichtung orientierte Stadttheater der Ort für Schauspieler, die nicht mustergültig artikulieren können? Oder ist auch das eine Frage der Erwartungshaltung, die sich ebenso ändern kann wie die, nur weiße, heterosexuelle und in Deutschland geborene Schauspieler auf der Bühne zu erleben?

Ist Inklusion nicht zuletzt immer eine Frage des Geldes? Können es sich die ökonomisch unter Druck stehenden Stadttheater überhaupt leisten, Schauspieler mit körperlichen oder geistigen Behinderungen einzustellen, weil das in der Regel einen höheren Betreuungsaufwand und eine andere Art der Logistik erfordert? Oder werden langfristig nur die Theater überleben, die sich jetzt der Inklusion öffnen, weil in Zukunft von den Häusern verstärkt gesellschaftliche und soziale Relevanz eingefordert wird, vor, auf und hinter der Bühne?

2 Gedanken zu „… und alle Fragen offen

  1. Gestern Abend beim Rückbau von Schwarz-Weiß, packten zwei Herren mit an. Professionell schleppten sie Bühnenbauteile und transportierten vorsichtig Scheinwerfer und diverses Zubehör von der Bühne und aus dem Backstage , zum wartenden LKW.
    Die Leidenschaft für unseren Job war ihnen anzumerken. Bei einem gemeinsamen Feier-den-Abend-Bier erfuhr ich von ihrem Traum als Bühnenhelfer oder Techniker arbeiten zu können.

    Inklusion HINTER den Kulissen?

    Ein spannendes Thema!

    Danke an Nikolas und Thomas vom Meine Damen und Herren – Ensemble

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