Vom Leben der Dinge

In unserer Umgebung gibt es viele Gegenstände, aber haben wir uns jemals gefragt, ob wir sie verstehen? Wie fühlen sich die Dinge? Und was wäre, wenn ich eine Tasse oder einen Wasserkocher werde? Wie sehe ich die Welt dann? Das sind Fragen, zu denen die Inszenierung „Dinge dingen“ von Jan Rozman und Julia Keren Turbahn mit Jan Kress anregt.

Im Theater können wir viele Unmöglichkeiten möglich machen und eine Fantasiewelt erschaffen. Auf der Bühne sehen und verstehen wir, wie mächtig Objekte sind und wie präsent sie ihre Rollen – als Zeichen, oder Material, oder Figur – spielen können.

eine Tänzerin mit rotem Haar, blauen Oberteil und silbernen Shorts balanciert einen weißen Gartenstuhl auf ihrem Rücken; sie ist gebeugt und allein auf der weißen Bühne; im Hintergrund einige angehäufte Dinge
Julia Keren Turbahns Tanz mit dem Stuhl; Foto: Holger Rudolph

Stellen sich meine Einstiegsfragen Kindern auch? Oder begegnen Kinder den Dingen anders? Oft verleihen sie den Objekten Lebendigkeit, indem sie Geschichten für sie erfinden, ohne viel nachzudenken. Ist es nicht ein vertrautes Bild für uns, dass Kinder manchmal stundenlang mit einem einzigen Objekt beschäftigt sind, mit ihm sprechen oder aus ihm Träume bauen? Manchmal werden sie sogar selbst zu diesen Dingen. Diese Fähigkeit geht im Laufe der Zeit oft verloren, wenn wir erwachsen werden.

„Ich wusste nie, dass ein Ding so viel kann. Was kann ich und was kann der Schwamm? Denke ich noch oder denkt schon der Kamm?“, so heißt es ungefähr in „Dinge dingen“, für die Julia Keren Turbahn, Jan Rozman und Jan Kress vom Berliner FELD Theater nach Mainz gekommen sind, um uns auf eine spannende Reise durch die Welt der Dinge mitzunehmen. Ihre Tanz- und Objektperformance (ab 5 Jahre) schafft eine Experimentierraum in offener Atmosphäre für die Entdeckung von Objekten.

Während des Festivals Grenzenlos Kultur saßen wir oft im U17, aber dieses Mal war alles etwas anders: Der Theatersaal war voll von Kindern und ihren Eltern, was gleich eine ganz andere Wirkung hatte. Die Kinder reagierten manchmal laut, lachten und scherzten über die Objekte. Das brachte eine gewisse, schöne Lebendigkeit in den Raum.

“Dinge Dinge” begann mit einer klaren Struktur. So wie die Bühne: links gab es einen weißen Boden, während die andere Seite der Bühne schwarz war. Ein Mikrofon war dort vorhanden, und vor dem Mikrofon lag ein Stoff auf dem Boden, sodass die Performer*innen „sicher“ von der weißen zur schwarzen Seite treten konnten. Von dort kündigten sie jeweils die einzelnen Teile an.

In den ersten Szenen wählten Julia Keren Turbahn und Jan Kress einen bestimmten Ort auf dem weißen Boden aus. Obwohl dort nichts zu sehen war, beschrieben sie ein Ding, Turbahn mit Worten und Kress mit Gebärden. Dann betrat Jan Rozman den Raum und brachte das entsprechende Objekt wirklich auf die Bühne, um es uns zu zeigen und an den Ort zu legen. Zuerst erhielten wir also nur eine Beschreibung des Objekts, erst dann sahen wir es. So führten sie uns durch verschiedene Teile, fragten zum Beispiel: „Siehst du die Dinge so wie ich?“ oder „Haben Dinge Gefühle?“ In jedem Teil gab es ein Experiment. Wir konnten sehen, wie ihre Körper zu einem Teil des Objekts wurden, und wie die Dinge in dieser Performance selbst eine eigene Macht hatten. Die Performance schenkte uns wundervolle Momente mit den Dingen. Sie waren präsent, und wir verstanden die Dinge.

die drei Performer*innen werfen mit kleinen Fetzen eines schwarzen Plastiksacks und verteilen die Stücke auf der weißen Bühne
Der Moment, an dem die schwarzen Dinge die Bühne einzunehmen beginnen; Foto: Holger Rudolph

Es gab jedoch einen Moment, den ich nicht ganz verstanden habe. Am Ende erschien ein schwarzes Objekt, das alle anderen Dinge zu verschlingen schien. Diese Dunkelheit überwältigte die Helligkeit, und wir sahen nur noch die Objekte, die sich bewegen konnten. In diesem Moment schienen wir einzutauchen, ohne zu verstehen, warum das passiert ist. Ich reiste weiter mit den Dingen und schließlich begriff ich, dass wir uns in einem Universum befanden, in dem Schatten und Licht spielten. Wir konnten sehen, wie die Schatten der Performer*innen in die Schatten der Dinge traten und darin verschwanden. Schließlich sind wir alle Dinge in diesem Universum, oder?

Ich denke, dass diese Performance unseren Blick auf die Welt der Dinge verändern kann. Mit vielen Gedanken an das Gefühl der Dinge und mit Respekt für sie verließ ich den Saal. Dabei  hörte ich immer noch die Freunde der Kinder darüber, wie sie ihre eigene Verbindung zu dem Stück und den Dingen entdeckten. Ein leichter und schöner Theaterbesuch.