Jackie Hagan, das Hijinx Theatre, Jess Thom – viele britische Künstler*innen und Gruppen, die bei Grenzenlos Kultur zu sehen waren und sind, haben von Unlimited profitiert. Das Programm fördert Künstler*innen mit Behinderung. Vier Millionen Pfund hat es seit 2013 für Projekte von Künstler*innen mit Behinderung zur Verfügung gestellt – mehr als jede andere Aktion weltweit. Entstanden 2012 im Zuge der Olympischen Spiele in London, ist Unlimited ein Projekt der britischen Organisationen Shape Arts und Artsadmin.
Jo Verrent ist ihr Senior Producer. In ihrem Abschlussvortrag „Disabled artists and access – the potential is Unlimited“ erzählt sie stolz von den Unlimited-Erfolgen – vor allem, damit andere Länder nachziehen: „We’d love to be the number 2.“
Als Hauptziele von Unlimited nennt Verrent erstens: hervorragende Arbeiten von außergewöhnlichen Künstler*innen zu präsentieren. Zweitens: Künstler*innen mit Behinderung im Kultursektor zu etablieren. Drittens: die Wahrnehmung von Behinderung in der Gesellschaft zu ändern.
Das erste Ziel ist erreicht. Verrent erzählt von unzähligen Erfolgen des Förderprogramms, darunter Jess Thom mit ihren „relaxed performances“ und Paul Cummins mit seiner Installation von fast 900.000 Keramikmohnblumen am Tower of London während der Olympischen Spiele 2012. Seitdem ist er berühmt.
Bei den anderen Zielen aber sieht Verrent dringenden Handlungsbedarf. Sie warnt davor, angesichts der vielen erfolgreichen Künstler*innen mit Behinderung das Vereinigte Königreich als Vorbild in Sachen Inklusion zu sehen. Die Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung haben sich in den letzten zehn Jahren wegen der Sparpolitik im Sozialbereich teils massiv verschlechtert. Leistungen werden gekürzt, es kommt zum Verlust von Lebensqualität. Im schlimmsten Fall sterben Menschen.
Verrent fordert deswegen schnelle Veränderungen: „because we are losing incredible artists“, bevor es spürbare Veränderungen gegeben hat. Auch betont sie, wie wichtig Intersektionalität ist. Unlimited ist es wichtig, auch nicht-weiße und queere Künstler*innen zu fördern und Menschen mit geistigen Behinderungen nicht auszuschließen: „All must mean all!“
Bei Unlimited entscheidet ein Gremium, welches Projekt gefördert wird. Dieses Gremium muss zu mehr als der Hälfte aus Menschen mit Behinderung bestehen. Für Verrent ist es essenziell, dass Menschen mit Behinderung nicht nur für die Kunstproduktion verantwortlich sind. Sie müssen Entscheidungen treffen dürfen, Teil der Struktur sein – Theater mit uns, nicht über oder ohne uns, lautet ihr Credo.
Das Thema greift auch Noa Winter beim anschließenden Abschlussgespräch zum Symposium auf: Wir können nicht warten, dass sich die Strukturen ändern. Wir müssen eine Veränderung aktiv anstoßen. Entsprechend motiviert verlässt man das Symposium, will die zuvor diskutierten Probleme direkt angehen. Man fühlt sich bereit, etwas zu verändern, weil man weiß: Die Verantwortung liegt bei uns.