Was tun, wenn die beste Freundin, eine Barbie-Puppe, für die man mehr zu empfinden scheint als nur Freundschaft, den Mord am amerikanischen Präsidenten zu verantworten hat? “Sprich mit der Plüschkatze und bleib der Verhandlung fern”, rät die Polizistin. Aber die ist doch nicht echt! Und überhaupt: “Ich rede doch nicht mit einer Katze!” Empörung auf Seiten der Reporterin Liv Split, die sich deutlich veräppelt vorkommt, dem Ganzen dann aber doch einen Versuch widmet. Und siehe da: Plüschkatze Poseidon stachelt Miss Split dazu an, doch zum Prozess zu gehen.
Mit seinem Stück “Der Tag, an dem Kennedy ermordet wurde und Mimmi Kennedy Präsidentin wurde” feiert Dennis Seidel nicht nur sein Regie-Debüt, er steht auch als schrullige Reporterin Liv Split selbst auf der Bühne. Sie beobachtet den Mord an Kennedy 1963 in Dallas, gerät selbst unter Verdacht.
Die Puppen sind hier definitiv die Bösen. Ihnen ist nicht zu trauen. Sie sind ein Konstrukt, mal lebendig, mal nur aus Plastik. Real genug, um für den Mord am Präsidenten verhaftet zu werden, aber deutlich vom Menschen abgegrenzt. Eine Metapher für das Unmenschliche im Mörder? Oder einfach nur Klamauk? Von beidem etwas und irre komisch!
Durch den Abend leitet ein Erzähler mit Elvistolle, herrlich trocken von Michael Schumacher gespielt. Der gibt Regieanweisungen, die verzögert umgesetzt werden und das eigene Spiel kommentieren. Diese Doppelung sorgt für viele Lacher, wenn die Anweisungen etwa lauten: „Liv Split fällt ein bisschen in Ohnmacht“. So bleiben beim Publikum keine Fragen offen. Stattdessen kann es sich ganz und gar in diesen Abend hineinfallen und von den fünf Darstellen mitreißen lassen.
Warum wissen die Leute in Filmen und Dramen eigentlich immer genau, was sie sagen wollen und geben das in perfekten Worten wieder? An diesem Abend läuft Einiges schräg. Auf der Bühne wird mit der Technik, dem Text und seinem Einsatz gekämpft. Doch auf wundersame Weise bereichert dies das Stück, das ohnehin sämtliche Möglichkeiten des Theaters nutzt. Wenn alle auf der Bühne stehen wie bestellt und nicht abgeholt, um dann die eigene Nervosität zu kommentieren, wirkt das nicht nur lustig, es gibt den Figuren auch eine ganz reale Tiefe. Wer hat schon die perfekten Worte, wenn er gerade seine lang verloren geglaubte Schwester wiederfindet oder vor dem Grab des Ehegatten weint? Lediglich das Ende hätte ein wenig knackiger ausfallen können.
Ein Höhepunkt des Abends sind die musikalischen Einlagen. Während der erste Song für Tränen des Lachens sorgt, fallen sie beim zweiten vor Rührung. “Ich steh im Raum. Das ist mein Traum“ singen die Schwestern gemeinsam und feiern damit nicht nur den Einzug in eine gemeinsame Wohnung, sondern auch den Theaterraum selbst. Ein herrliches Stück, das angesichts des Schrecklichen das Leben feiert.