Wie eine Umarmung

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Dasniya Sommer und Silke Schönfleisch-Backofen beim Verschnüren © Holger Rudolph

Beim Symposium “Who Cares?” eröffnen Silke Schönfleisch- Backofen, Dasniya Sommer und Florian Loycke das Sexualitätspanel mit einer “Bondage Show”

Grotesk in sich verbogen windet sich ein schwarz gekleideter Mann über den dunklen Boden. Seine Hände und Füße sind miteinander über Kreuz verschnürt, wie sein gesamter Körper von den Fußgelenken bis zum Kopf. Quer über Mund und Augen gehen die Seile – ein handliches Paket, das zuckt und sich windet.

Mit ihrer “Bondage Show” beim diesjährigen Symposium “Who Cares?” zeigen die Performer*innen Silke Schönfleisch-Backofen, Dasniya Sommer und Florian Loycke (von Das Helmi, das Samstag “Die letzte Lockerung” zeigt) Bondage als körperlich-sinnliche Angelegenheit – mit viel Luft drumherum. Das wirkt wie ein unmotivierter Minimalismus, der von Anfang an durch das langwierige Smalltalk-Gespräch über Teesorten anödet.

Es passiert wenig: Die drei unterhalten sich, gelegentlich verfallen sie sogar mal in eine Art Trance, die entfernt an Ballettkünste erinnert, und winden sich sonst durch aussagelose Tanzeinlagen, in denen sie sich gegenseitig fesseln. Immer mit dabei: Schönfleisch-Backofens unübertrefflich beißender Sarkasmus, sodass der fröhlich an der Gitarre klimpernde Loycke nur bemitleidet werden kann. Eine strahlende Erscheinung: Dasniya Sommer als Primaballerina in gelbem Gymnastikanzug. Ihr schaut man gerne beim Stretchen und Gleiten zu, auch das andauernde Fesseln sieht bei ihr geschickt aus und läuft wie am Schnürchen. Als leichtfüßiger Schwan tanzt sie sich durch den Raum, als sie der kleinwüchsigen Schönfleisch-Backofen auf ihrem Dreirad folgt – eine Szene, die ästhetisch sinnlich, aber mit jeder Umrundung inhaltsloser erscheint und die Frage in den Raum stellt: Was hat das mit Fesselkunst zu tun?

Die angesetzten zwanzig Minuten dehnen sich langatmig zu über einer Stunde, die später den anderen Gästen des Panels fehlt. Am Ende hängt Schönfleisch-Backofen zugeschnürt an einem Haken und schaukelt vor sich hin, träumt von einer Hängematte am Meer, spricht von Freiheitsgefühlen und Geborgenheit. Bondage als Weg aus der Knechtschaft. Sexuelle Erregbarkeit als  Chance. Zuneigung durch Einengung. “Wie eine Umarmung”, sagt Sommer. Vieles wird angerissen, was für das Symposiums-Thema “Who Cares?” und das Sexualitätspanel fruchtbar gemacht werden könnte. Nur taucht das später nicht mehr auf. Vor allem aber ist diese Choreographie in ihrer Langatmigkeit: nicht fesselnd.

Ein Gedanke zu „Wie eine Umarmung

  1. ich finde es traurig , dass solche ignoranten Sachen wie der obige Text, die auf jedem Level irgendwie nicht ausreichen, hier öffentlich das wort reden. Das Risiko , die subtile Intelligenz, das krasse performancetalent, die eigene Bio so zu riskieren…alles gar nicht gesehen…die machtdynamiken, die thematisiert werden nicht gesehen….das bekenntnishafte schlussfinale gar nicht mitbekommen…es ist irgendwie ein trauriger moment, wo ein kritiker hätte etwas retten können- da nicht so viele Zuschauer da waren…ich finde es eigentlich ein totalversagen…vielleicht sollten leute schreiben, die mehr lebenserfahrung haben, die wenigstens mal zivildienst gemacht haben oder sich mit irgendwas auseinandergesetzt haben…die sich über sex oder behinderung oder über die umkehrung von machtverhältnissen mal gedanken gemacht haben…ich finde ihr solltet den text runternehmen und Euch entschuldigen!

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