In “Am liebsten zu dritt” erzählen die RambaZambas aus Berlin eine quietschvergnügte Räuberpistole mit Musik und ernstem Hintergrund
Hände hoch! In bester 007-Manier platzen bewaffneten Gangster in ein Nobelhotel und stellen ihre Forderungen. Sie alle tragen ein drittes Auge auf der Stirn und sehen damit “irgendwie asiatisch” aus, wie eine der Geiseln bemerkt. Sie sind die mit der “Drei”, dem dritten Chromosom und streben eine Invasion süßer Trisomie-21-Babys an. Dazu benötigen sie Männer. Männer, die ihre Frauen befruchten. Zwischen ihm und seiner Vollendung stehen Liebeswirrwar und Beziehungsdramen, erotische Abenteuer, melancholische Gesangseinlagen und rockige Tanznummern.
In “Am liebsten zu dritt” greift das Theater RambaZamba selbstbewusst und -ironisch Themen wie pränatale Diagnostik, Bluttests und die Behauptung von Menschen mit Trisomie 21 in der Gesellschaft auf. Mit viel Witz nehmen sie gesellschaftliche Denkmuster auf die Schippe und sich selbst nicht allzu ernst.
Mit Kissen, die sie sich unter die bunten, frisch ‘erbeuteten’ Kleider stopfen, verdeutlichen die Frauen mit Down-Syndrom ihren sehnlichen Kinderwunsch. Sie streicheln sich zärtlich die Bäuche, schmiegen sich aneinander, bilden eine Schlange. Eine Frau im eleganten lila Kleid steht, in Rotlicht gehüllt, auf der Hotelbühne, auf der sich auch die siebenköpfige Live-Band tummelt. Sie singt als erotische Diva, mit hauchiger Stimme und lasziven Bewegungen. Eine andere fühlt sich wie die “fesche Lola”, denn heute kann sie alles erreichen. Ihre Kinder sollen drei Köpfe haben, drei Arme, Beine, Augen oder auch drei Haare – ganz egal, Hauptsache Babys! Los geht’s also in die erste Runde der Wunschbefruchtung!
Wie ein Conférencier im grünglitzernden Frack begleitet und kommentiert Mirco Kuballs Barkeeper dabei das Geschehen. Er dirigiert die auserwählten Samenspender zum Tanz, gibt mal den Raubtier-Dompteur, mal den Paparazzi oder den unglücklich Verliebten mit Frosch-Maske. Verteilt Häppchen an das Publikum und animiert es zum Klatschen. Er “sieht alles”; logisch, denn auch er hat “die Drei”. Feinfühlig sinnt auch er zum Schluss der Liebe nach. Die Männer, die zur Befruchtung herhalten müssen, tun ihre Pflicht gern, denn “das ist doch für den guten Zweck, da muss man doch Opfer bringen!”
Wunderbar ungezwungen werden auf dem Sofa der Hotellobby ‘Gespräche’ geführt, dahinter flotte Dreier geschoben und aus dem Bühnen-Off lustvoll gestöhnt. Nachdenkliche Momente weichen vor Energie strotzenden Ensemblenummern. Die RambaZambas rocken und rollen, swingen und twisten. Die Songs reichen von Trude Herr über Herbert Grönemeyer bis hin zu Marius Müller-Westernhagen. Jeder darf mal ran ans Mikro! Seinen Song “Sexy” interpretiert Jonas Sippel taktsicher und in echter Rockstar-Manier, um souverän ein cooles “Danke, Mainz!” hinterherzuschicken.
Unter den “Trisofrauen”, wie sie sich selbst im Programmheft nennen, überzeugt besonders die leichtfüßige Juliana Götze. Ihre Bewegungen wirken stets anmutig, präzise absolviert sie ihre Tanzszenen. Sie flirtet kokett, sucht sich zielbestimmt ihren Traummann aus, besticht durch ihr tiefsinniges Spiel und strahlt von Innen heraus.
Am Ende des fast zweistündigen Abends erscheint die Bühne in Blaulicht getaucht. “Jetzt könnte es eigentlich vorbei sein”, meint der froschgesichtige Barkeeper und wie auf Kommando tummelt sich das komplette Ensemble nochmals auf der Bühne. Zahllose Pappmaché-Babys ‘hüpfen’ und wiegen sich im stimmungsvollen Halbdunkel. Die Zukunft der “Drei” kann kommen.
Das war ein rundum gelungener Theaterabend, der mich immer noch beschäftigt: Sehr gutes Stück, super Schauspieler, tolle Musik. Ein ernstes, berührendes Thema, das ganz hinreißend, witzig und selbstbewusst umgesetzt wurde!
(Kleine Anmerkung noch zum Publikum am Dienstag, 16.09.14: Es ist doch nicht soo schwer, bei den Musikstücken ein bisschen mitzuklatschen ;-))