Rufus Beck liest aus Erich Kästners “Die Konferenz der Tiere”
Wer in einer Lesung von Rufus Beck die Augen schließt, dem ist wahrscheinlich nicht langweilig, sondern der genießt seinen ganz persönlichen Film vor dem inneren Auge. Wenn man Becks Stimmt lauscht, ist das HD-Kino ohne High-Tech. Da tritt ein sympathischer, ganz in braunem Cord gekleideter Herr auf, sagt noch im Gehen freundlich “Hallo!” in den Zuschauerraum und erzählt eine gute Stunde lang Erich Kästners Geschichte von der “Konferenz der Tiere”. Das macht er mit so viel Charme und Witz, dass er sofort seine Zuhörer für sich gewinnt. Im Publikum ist jedes Alter vertreten. Das ist auch kein Wunder, denn entweder man möchte die herzerwärmende Geschichte des Autors hören oder der hoch gelobten Stimme des Sprechers lauschen. Oder beides.
Mit funkelnden Augen nah beim Zuschauer
Beides jedenfalls macht die Lesung zum Vergnügen. Beck spricht sehr lebendig, fast musikalisch. Er ist sowohl alle Tiere als auch der Sprecher und er selbst – die Textvorlage ergänzt er mit eigenen Bemerkungen. Dann piepst er wieder als näselnde Maus Max oder brummt als erkälteter Eisbär Paul. Bald streichelt seine Stimme die Ohren der Zuschauer, bald schallt sie verkündend durch den Saal. Dabei formuliert er recht frei und ist mit funkelnden Augen immer nah bei den Zuschauern.
Kästners Geschichte tut das Übrige. Die Tiere dieser Welt verbünden sich gegen die erwachsenen Menschen mit ihren Kriegen, Revolutionen, ihrer Bürokratie und den ewigen Hungersnöten. Denn letztlich sind es die unschuldigen Kinder, die unter alledem am meisten leiden und schließlich selbst einmal zu solchen Erwachsenen werden müssen: “Es geht um die Kinder!”, so lautet der Leitspruch der Tierkonferenz.
Ein Heer von Mäusen tippelt durch die Phantasie des Zuhörers
Löwe Alois, Eisbär Paul und Elefant Oskar kämpfen für einen ewigen Friedensvertrag, der besagt, dass alle Grenzen abgeschafft, das Militär und alle Waffen vernichtet und alle bürokratischen Dokumente beseitigt werden müssen. Rufus Beck lässt ein riesiges Heer von Mäusen durch die Phantasie des Zuhörers tippeln, welches dann in die Büros eindringt und alle Dokumente zerknabbert. Motten zerstören Uniformen, denn ein Soldat ohne Uniform ist kein Soldat mehr.
Schade nur, dass der arme Regenwurm Fridolin all das verpasst hat. Der war die ganze Zeit unterwegs zur andern Seite der Erde. Als Beck ihn dort gurgelnd auftauchen lässt, ist die Konferenz schon vorbei. Hauptsache der Vertrag ist geschlossen, denn “Es geht um die Kinder!” Und wie fanden die’s? – “Cool!”