Zehnkämpfer der darstellenden Künste

Rufus Beck © Christian Kaufmann
Rufus Beck © Christian Kaufmann

Heute liest Rufus Beck zwei Mal aus Erich Kästners “Die Konferenz der Tiere”. Ein Portrait des Schauspielers und Sprechers

Es ist diese Stimme, die fesselt: Tief, ein bisschen schmeichelnd, rau, sexy. Ob als Kunstkenner und Charmeur im Fernsehfilm “Die Gärten der Villa Sabrini” oder als Trainer und Seelsorger in der Reihe “Die Wilden Kerle” – sie ist sein Markenzeichen. Als Verdächtiger bei der SOKO Stuttgart beteuert er mit ihr ruhig, aber bestimmt seine Unschuld. Ob seine Rolle es wirklich ist? Schwer zu sagen. Rufus Beck kann eben alles, das Geheimnisvolle wie das Komische.

Ritterschlag von Potter-Autorin

Seine markante Stimme ist auch der Grund für seine zweite Berufung, die des Hörspielsprechers. Ob für die Buchreihe “Artemis Fowl” oder Franz Kafkas “Der Prozess” – er findet für jede Figur einen eigenen Ton. Vor allem mit der aufregend, geheimnisvoll und spannend gelesenen Harry-Potter-Reihe hat er sich einen Namen gemacht: “Dies sind dunkle Zeiten, es lässt sich nicht ändern. Unsere Welt war nie einer größeren Bedrohung ausgesetzt als heute. Aber Sie können diesen Krieg nicht alleine führen, Mr. Potter. Er ist zu stark.” Beim Zuhören spürt man förmlich die Gefahr und die Dringlichkeit der bevorstehenden Aufgabe.

Absoluter Ritterschlag:  2000 machte er gemeinsam mit Joanne K. Rowling eine Lesereise quer durch Deutschland. Rowling war von seiner Lesung der Harry-Potter-Bücher so angetan, dass sie seinen Namen in dem Band “Harry Potter und der Halbblutprinz” verewigte: Der Zaubereiminister dort heißt Rufus Scrimgeour.

Ohne Schauspielschule auf die Bühne

Rufus Beck sieht mit seinen 56 Jahren und dem Dreitagebart aus wie ein verwegener Weltenbummler. Seine Augen sprühen vor Humor. Die Haare stehen ihm zu Berge und man weiß nicht, ob seine drei Kinder der Grund dafür sind oder ob in ihm selbst noch ein Kind steckt.

Berühmt und bekannt wurde er durch seine Rolle als Waltraud im Kassenschlager “Der bewegte Mann”. Als exaltierte Tunte und in unterhaltsam affektierter Manier brachte er seine feminine Seite zum Ausdruck und manövrierte Til Schweiger in verzwickte Situationen.

Erstaunlich: Beck, der 1957 in Heidelberg geboren wurde, hat nie eine Schauspielschule von innen gesehen. Beinahe wäre aus ihm ein Wissenschaftler geworden. Bevor er den Schritt auf die Bühne wagte, studierte er Islamwissenschaften, Philosophie und Ethnologie. Damit war spätestens 1976 Schluss, als er an den städtischen Bühnen Heidelberg begann. Danach gastierte er am Saarländischen Staatstheater. Tübingen, Frankfurt, Köln und München folgten. 1989 wurde er zum Nachwuchsschauspieler des Jahres gewählt und erhielt seitdem noch unzählige weitere Auszeichnungen.

Als vorläufiger Höhepunkt seiner Karriere eröffnete er 2000 mit “Tartuffe” die Spielzeit des Deutschen Theaters in Berlin, obwohl eigentlich Schauspielkollege Ben Becker für die Rolle vorgesehen war. In einem Interview antwortete er auf die Frage, ob er sich nicht als zweite Wahl sähe: “Nein! Aber Ben wird sich in den Hintern beißen, dass er die Rolle nicht gespielt hat, wenn er mich sieht.” Das schelmische Lächeln und den Lausbuben-Blick kann man sich vorstellen. Ein gesundes Selbstbewusstsein gehört zum Erfolg dazu.

“Den Beruf des darstellenden Künstlers habe ich sprichwörtlich von der Pike auf gelernt”, hat Beck einmal erzählt. “Zirkus, Theater, Musicals, Spektakel, One-Man-Shows – alles habe ich schon gemacht, als Schauspieler, Regisseur, Sänger, Sprecher und Produzent. Deswegen sehe ich mich als ein Zehnkämpfer der darstellenden Künste.” Zumindest in der Rolle des Alleinunterhalters und Vorlesers kann man ihn heute bei Grenzenlos Kultur vol. 15 erleben.

Mehr zum Buch “Die Konferenz der Tiere”, das Rufus Beck heute um 11 und 15 Uhr liest, finden Sie hier.