Auf der Suche nach Kunst

© Marie Tollkühn
© Marie Tollkühn

Die “Zusammenarbeit” geht in die nächste Runde. Der zweite Teil präsentiert drei weitere Künstlerpaare, die ihre Idee zu einem Theater der Zukunft vorstellen.

Ein selbstgedrehter Film läuft am hinteren Ende der Bühne auf einer Leinwand. Kleiderständer mit eigens gebastelten Kostümen daneben. Im vorderen Teil der Bühne stehen Stühle, auf denen Zweige liegen. Dann: Action! Max Freitag sucht Komparsen, Anne Tismer animiert und eine Live-Kamera überträgt alles auf eine zweite Leinwand.

“Wie sieht das Theater aus, wenn es uns nicht mehr gibt? Wo ist die Kunst der Zukunft? Macht es uns an oder macht es uns fertig?“ Diese und mehr Fragen stellen sich Jörn J. Burmeister und Peter Pankow in ihrer “Zusammenarbeit“. Zusammen begeben sie sich auf die Suche, streifen durch die Stadt und durch den Wald. Das gleiche setzen die beiden auch mit den Zuschauern um. Gemeinsam gehts raus zu einem Spaziergang. Am Rhein folgt eine Zigarettenpause; jeder, der möchte, bekommt eine Zigarette.

“Doesn’t matter what you create if you have no fun”, ertönt aus den Lautsprechern, wenn Angela Schubot und Karol Golebiowski roboterartig mit kantigen Bewegungen über die Bühne tanzen. Einer der beiden sitzt dann mit dem Rücken zum Publikum und dient als Fokus für den, der gerade tanzt.

Wie beim ersten Teil der “Zusammenarbeit“ wird auch die zweite Runde von der Grundkonstellation bestimmt: Drei inklusive Künstlerpaare präsentieren ihr Konzept vom Theater der Zukunft. Wieder geht es um die Frage nach einem kreativen Miteinander. Die Konvention, dass Menschen ohne Behinderung beim Inszenieren die Hosen anhaben und einer Gruppe von Menschen, meist mit Behinderung, sagen was sie wann wie tun sollen, soll gebrochen werden.

“Wir sind beide Männer, beide dick und suchen nach einer Form“

Wenn Burmeister und Pankow darüber philosophieren, was oder wer Kunst ist, tritt deutlich ihr harmonisches Zusammenspiel in den Vordergrund. Direkt zu Beginn der Performance erzählen die Zwei von ihrem gemeinsamen Projekt, dass sie mit den Worten zusammenfassen: “Wir sind beide Männer, beide dick und suchen nach einer Form.“ Zusammen haben sie einen leerstehenden Laden im Fort Malakoff mit Gedanken und Objekten gefüllt, die sie, immer noch hinterfragend, als zukünftige Kunst bezeichnen.

Ein dynamisches Duo scheinen ebenfalls Schubot und Golebiowski, wenn sie zusammen meditieren und entspannende Yogamusik erklingt oder wenn sie Hand in Hand verloren auf der Bühne stehen und im Zeitlupenmodus auf den Boden sinken. Trotzdem merkt man, dass Schubot die leitende Kraft ist. Golebiowski blinzelt immer mal wieder unsicher zu ihr hin. Vor allem, wenn er einen Teil allein gestaltet.

“Achtung, ihr seid dann alle in Facebook!”

Anne Tismer und Max Freitag haben alle Hände voll zu tun. Sie müssen noch schnell ihre Requisiten fertigstellen und suchen dringend Unterstützung für ihren Filmdreh – und zwar im Publikum. In regelmäßigen Abständen warnt Tismer: “Achtung!! Ihr seid dann alle in Facebook!” Zuschauer, die nicht im World Wide Web verewigt werden wollen, bekommen Masken angeboten, die sie sich vor das Gesicht halten können, wenn die Kamera auf das Publikum schwenkt. Beide sind auf der Bühne sehr dominant, was sich darin äußert, dass beide schnell laut werden, was nur noch durch die lauten Geräusche des Films überdeckt wird.

Auch, wenn alle drei Performances unabhängig voneinander entwickelt wurden, haben sie die gleiche Intention. Jedes Mal wird der Zuschauer aufgefordert, sich zu beteiligen. Bei Karol Golebiowski und Angela Schubot ist es die Einladung mit ihnen zu meditieren und gemeinsam zur Ruhe zu kommen. Jörn J. Burmeister und Peter Pankow motivieren die Zuschauer zu einem Spaziergang. Dadurch werden sie selbst zu einem aktiven Teilnehmer am Geschehen und in die Performance eingebunden. Und bei Tismer und Freitag gehen noch einen Schritt weiter: Sie laden einzelne Zuschauer direkt dazu auf, auf die Bühne zu kommen und zu handeln. Das mag für das Publikum zuweilen anstrengend sein. Aber es in seinem Versuch, alle im Raum miteinzubeziehen, noch einmal spannender als die Versuche des Vorabends.

Eine Kritik zum ersten Teil von “Zusammenarbeit” finden Sie hier. Außerdem gibt es hier ein Porträt des Teams Cornelia Glowniewski / Rahel Savoldelli.