Mittelalterkrimi mit Schaumstoff

Florian Loycke (Mitte) und Brian Morrow von Das Helmi mit ihrer Kollegin Solène Garnier und Puppen © Natalia Frumkina

Florian Loycke und Brian Morrow von Das Helmi über Schaumstoff, Uberto Eco, das Kloster Eberbach und pornographisches PuppentheaterWoher kommt der Name „Das Helmi“?

Florian: “Das Helmi” kommt vom Helmholtzplatz in Berlin. Er ist ziemlich frequentiert, es kommen viele Menschen vorbei.  Da haben wir mit dem Puppentheater angefangen, unsere ersten Erfahrungen gemacht. Der Name wurde ziemlich spontan geboren, aber wir haben ihn einfach beibehalten.

Ihr habt ursprünglich Puppentheater für Kinder gemacht. Jetzt macht ihr auch einiges für Erwachsene. Warum?

Brian: Naja, die Erwachsenen haben gelacht.

Florian: Wir haben auch vorher schon Theater für Erwachsene gemacht. Und das Kindertheater war mehr oder weniger ein  spontaner Versuch, ob das mit den Puppen auch klappt. Dann haben die Erwachsenen gelacht. Die Kinder auch, teilweise… Aber bis wir Theater ausschließlich für Erwachsene gemacht haben, das hat tatsächlich etwas gedauert. Wir haben sozusagen zuerst bei den Kindern Selbstvertrauen getankt.

Die erste Puppe habt ihr aus einer alten Matratze angefertigt. Ist die Puppenproduktion mit den Jahren professioneller geworden? Und woher kommen jetzt die Materialien?

Brian: Aus China.

Florian: Teilweise basteln wir die Puppen immer noch aus alten Matratzen. Wenn wir an einem Stadttheater arbeiten, dann kauft die Requisite für uns den Schaumstoff ein. Aber wir haben mit der Zeit Erfahrung gesammelt und die Produktion dementsprechend verbessert.

Ihr seid langjährige Gäste des Festivals. Könnt ihr euch erinnern, wann ihr zum ersten Mal bei Grenzenlos Kultur aufgetreten seid?

Brian: Nein, es ist schon zu lange her.

Florian: Ich glaube vor etwa vier oder fünf Jahren. Und wir kommen sehr gerne wieder. Das Festival ist cool und die Atmosphäre ist berauschend.

Brian: Grenzenlos Kultur ist wirklich toll. Es ist überschaubar und man kommt mit dem Publikum und den anderen Künstlern in Kontakt. Es ist spannend, sich auch die anderen Inszenierungen anzuschauen. Oft auch sehr inspirierend.

Zu der aktuellen Produktion “Der Name der Rose”, die heute Abend zu sehen sein wird, sind im Internet  Beschreibungen wie “pornographisches Puppentheater” und “gekonnter Trash” zu finden. Was ist an alldem dran?

Brian: Das haben wir nicht gesagt. Und man sollte auch nicht allem Glauben schenken, was im Internet steht.

Aber könnt ihr etwas von dem verraten, was den Zuschauer heute Abend erwartet?

Brian: Pornographisches Puppentheater… Nein, Quatsch. Es wird aufregend. Wenn man auf Mittelalterkrimis mit Schaumstoff steht, dann ist es genau das Ding.

Florian: Es ist sozusagen die Entwicklungsgeschichte eines jungen Mannes.

Brian: Ja, ein Coming-of-age-Drama…

Florian: …auch eine Art Homosexuellen-Drama. Es ist in gewisser Weise sehr aktuell, da ist alles drin. Es ist eigentlich nur die Gegenwart in die Vergangenheit versetzt.

Brian: Auch ein bisschen „social-networking“. Die Vorläufer von Facebook und Co.

Wie viel von Umberto Eco ist in eurer Version überhaupt noch drin?

Brian: Zu viel!

Florian: Der Großteil des Stoffs ist natürlich schon aus Ecos Roman, aber wir haben auch viel verändert. Wir wollen nicht zu viel verraten.

Habt ihr euch auch von Jean-Jacques Annauds Film von 1986 inspirieren lassen?

Florian: Ich habe mir den Film vor etwa zwanzig Jahren angeschaut, seitdem nicht mehr. Es sind in den Puppen vielleicht gewisse Bezüge und Ähnlichkeiten zu Schauspielern wie Sean Connery,  Christian Slater oder den anderen Mönchen zu erkennen. Auch sonst gibt es möglicherweise einige Anspielungen auf den Film. Aber eigentlich haben wir uns eher auf das Buch als Vorlage konzentriert, weniger auf den Film. Mich persönlich hat das Buch auch mehr interessiert.

Wusstet ihr, dass Teile des Films gar nicht so weit von Mainz entfernt gedreht wurde? Im Kloster Eberbach im Rheingau…

Brian: Das wusste ich nicht! Ich dachte, er wurde irgendwo in Italien gedreht. Da fahren wir vielleicht mal hin…

Seht ihr einen Bezug von “Der Name der Rose” zum Festivalmotto “Gespenster der Freiheit”?

Florian: Andreas Meder, der Festivalleiter, hat dieses Stück selbst ausgesucht. Aber ja, es gibt einige Parallelen. Es geht im Buch um einen Kampf zwischen Repression, also den konservativen Kirchenmännern und den für die Aufklärung stehenden Vordenkern. Diesen Machtkampf haben wir in unserer Adaptation noch verstärkt. Dabei wird sogar das Schicksal Europas verändert. Deshalb ist das Stück auch so spannungsgeladen.

Eure diesjährige Besetzung ist sehr international. Wird heute Abend ausschließlich Deutsch gesprochen?

Florian: Ja, überwiegend Deutsch. Ein wenig Latein kommt vor, ein bisschen Englisch und Französisch.

Brian: Auch ein bisschen Walisisch. Aber größtenteils Deutsch mit starkem Akzent.

Was wird heute Abend vielleicht anders sein als sonst?

Florian: Wir sind vor allem auf die Reaktionen des Publikums gespannt. Bisher haben wir immer in kleineren Räumen gespielt und heute werden etwa 150 Zuschauer erwartet. Aber wir freuen uns schon sehr!