Festivalleiter Andreas Meder kommt im Schritttempo und mit Handy am Ohr angeradelt. Er wirkt entspannt, obwohl er am letzten Festivaltag schon in den Vorbereitungen für das nächste Festival steckt. Ein gelassenes Interview über Meders Highlights, Motti und die neue Spielstätte.
Heute ist der letzte Festivaltag. Wie fühlt es sich jetzt gegen Ende für dich an?
Es fühlt sich wunderbar an. Letztlich machen wir ja über einen längeren Zeitraum mit vielen Aufführungen ein wenig ungewöhnliches, wenn nicht sogar randständiges Programm und es ist nicht selbstverständlich, dass die Zuschauer strömen. Wir haben jetzt schon viele Festivals gemacht und das ist am Anfang schon angstbesetzt. Man plant erst schön, freut sich über das Programm und fragt sich dann: „Wer soll sich das eigentlich alles anschauen?“ Hier am Staatstheater hatte ich ab dem ersten Tag keine Angst, weil ich gesehen habe, dass genug Leute kommen und alles klappen wird. Von daher bin ich etwas erschöpft, aber glücklich.
Wie lief die Zusammenarbeit mit dem Staatstheater?
Wir sind jetzt zum ersten Mal im Staatstheater gewesen, waren vorher 14 Jahre im KUZ. Es war nicht klar, wie das hier läuft, aber das Haus ist mir unglaublich offen begegnet. Es gab viele Vorgespräche und Treffen und alle haben ausgestrahlt, dass sie sich auf das Festival freuen. Wir haben unsere eigenen Helfergruppen und Betreuer mitgebracht und sind am Ende noch viel mehr geworden. Es hat alles wunderbar funktioniert.
Was waren die Unterschiede zum KUZ? War das Publikum durchmischter?
Es waren diesmal viel mehr Leute da. Wir bespielen ja hier große Räume. In zwei Aufführungen saßen Abonnenten des Staatstheaters, was toll ist, da Leute an eine Kunst herangeführt werden, die sie bestimmt davor noch nicht gesehen haben. Wir haben sicher Stammgäste aus dem KUZ mitgenommen, aber auch neue hinzugewonnen. Es war auch unser Anliegen, dass durch die breite Bewerbung wie mit dem Platz im Monats-Leporello des Staatstheaters mehr Menschen kommen, und das hat auch geklappt.
Das Motto des Festivals ist „Helden und Legenden“. Hast du das Gefühl, dass das Motto im Programm aufgegangen ist?
Ja, ich bin auch sehr zufrieden mit dem Programm. Seit Anbeginn werden wir als Mottoprojekt des Kultursommers Rheinland-Pfalz gefördert und der hat jedes Jahr ein anderes Motto. Mit dem können wir oft nicht viel anfangen. Wir versuchen dann, dem einen gesellschaftspolitisch-kritischen Aspekt abzugewinnen. Das Motto „Helden und Legenden“ spielte uns aber in die Karten. Man konnte sich zum einen im Kanon bedienen, wie heute Abend bei Tschechows „Schwestern“, aber sich zum anderen wichtige Fragen stellen wie „Inwiefern sind denn Menschen mit Behinderung heldenfähig?“ oder „Was sind denn professionell arbeitende und weltweit gefeierte Schauspieler wie bei Disabled Theater? Taugen sie zum Helden?“. Das Heldenthema ist da voll aufgegangen.
Was war dein Höhepunkt, welche Produktion hat dich am meisten gefreut?
Ich habe mich über sehr viele Produktionen gefreut. Zum Beispiel ist “4:3” eine meiner Lieblingsaufführungen. Auf der einen Seite die Urgesteine des inklusiven Theaters des Theaters STAP und dann eben diese drei jungen und total gehypten, wilden Choreographen aus Gent. Ich habe mich auch sehr gefreut, dass wir Panaibra Canda hier zeigen konnten. Das ist eine gewichtige Produktion. Sie geht zwar in ihrer Härte an die Nerven. Diese physische und psychische Deformation ist aber auch lange Jahre die Lebenswelt in Mosambik gewesen. Von daher gibt sie Einblick in andere Kulturen: etwas Tolles, das das Theater leisten kann.
Versucht ihr auch gezielt Produktionen auszusuchen, die anecken?
Wir wollen nicht gezielt provozieren, aber wollen auch kein Friede-Freude-Eierkuchen-Programm haben und es ist halt auch so, dass Produktionen, die mit Künstlern mit Behinderung arbeiten, sich Themen aussuchen, die sehr persönlich motiviert sind.
Welches Thema wird es nächstes Jahr bei Grenzenlos Kultur geben?
Wir versuchen uns ja immer am Thema des Kultursommers zu orientieren. Nächstes Jahr ist das Thema etwas schwierig: Der Sommer unseres Vergnügens. Der Arbeitstitel ist Scherz, Satire und tiefere Bedeutung. Nächstes Jahr ist aber auch Dada-Jubiläum und das steht mir schon viel näher. Vielleicht können wir uns davon inspirieren lassen. Der Titel Grenzenlos allein ist aber auch schon Thema und hat einen Wert für sich als Plattform für ungewöhnliche Kunst.