Ein Abend mit der Kleingeldprinzessin Dota, oder: das Mädchen mit der Gitarre und den vielen wahren Worten über das Leben.
Am Anfang wirkt sie schüchtern. Brav bedankt sie sich für den Applaus. Ihre Stimme flackert, als sie nach dem ersten Lied das Publikum begrüßt. Aber sie ist ja auch nicht zum Sprechen hier. Dota singt und spielt Gitarre. Dabei ist ihre Stimme selbstbewusst und klar. Die ersten Lieder sind so pur wie das Leben. Gitarrenmelodien, die sich wie Zucker in die Ohren legen, wenn die Sängerin vom federleichten Sommertag am Strand singt; oder aber klingen wie der traurig-ehrliche Soundtrack zum Ende einer Liebe, der Zerbrechlichkeit von Du und Ich.
Dota Kehr, die sich früher die Kleingeldprinzessin nannte, kommt mit ihrer Band, den Stadtpiraten. Das sind Jan Rohrbach an Gitarre und Bass, Jonas Hauer an Keyboard und Akkordeon und Janis Görlich an Schlagzeug, Glöckchen – und Schreibmaschine: In einer Instrumental-Nummer klappert Görlich mit den Tasten und ratscht mit der Schreibwalze im Takt. Rohrbach wechselt währenddessen die Gitarren und zusammen mit Hauer schnipst, pfeift und trällert er Background-Vocals ins Mikrofon.
Irgendwann nach dem zweiten oder dritten Song beginnt Dota aufzutauen, bis sie am Ende zu schrägen Keyboard-Sounds und schnellen Rhythmen ausgelassen auf der Bühne tanzt. Mit Icebreaker-Nummern über Kiffen und Antikapitalismus zerbröselt zunehmend die Melancholie der ersten Lieder: “Damit habt ihr jetzt nicht gerechnet, wa?” Dota flirtet mit ihrem Publikum und witzelt unangestrengt herum, wenn sie eine gerade angestimmte Melodie abrupt abbricht und sagt: “Ah nee, warte mal. Ich muss nochmal stimmen.” Oder mitten im Lied plötzlich bemerkt: “Huch, falsche Strophe!” Wie schafft sie das nur, sich zu versingen und damit alles noch schöner und vollkommener zu machen?
Als Straßenmusikerin fing sie an, mittlerweile gibt es sie auf CD und im Radio. 2011 gewann sie den deutschen Kleinkunstpreis. Wenn sie auf der schlichten schwarzen Bühne, in weiches gelbes Licht gehüllt, steht und singt, ist sie ein Mädchen mit einer Gitarre, das sich ein Plektrum auf die Stirn klebt und dabei so viele wahre Dinge über das Leben zu sagen hat. Nur einmal, da lügt sie uns frech an und sagt: “Das nächste Lied ist nicht so schön!”
Dotas intelligente Lyrics, voll von Doppelsinn und Wortspielen, sind wie eine Foto-Datenbank. Für jedes Gefühl auf der riesigen Farbpalette der Emotionen hat sie ein passendes Bild parat, welches sie so genau zeichnet, dass man immer wieder denkt: ich weiß genau, wie sich das anfühlt. Aber spätestens zum Ende, bei der dritten Zugabe, wird klar, dass der zauberhafte Abend nicht allein der lyrischen Poesie geschuldet ist. Mit einem zarten Liebeslied auf Portugiesisch zaubert Dota ein letztes Mal für diesen Abend eine wohlige Wärme in den Raum, allein mit ihrer zuckersüßen Stimme und der Gitarre in ihren begabten Händen.