Cie BewegGrund & Massimo Fulan / Numero23Prod. mit “10x TheEternal”
Es knistert und zischt, bebt, trommelt und rauscht aus den Boxen, laut, undefinierbar. Dunkelheit. Mitten in der Choreografie bleibt die Zeit stehen. Der Moment des Innehalten dehnt sich aus. Auf einmal stehen, knien, sitzen und liegen die sechs Tänzer des BewegGrund Ensembles starr am hinteren Rand der Bühne. Mit leeren, ausdruckslosen Masken auf den Gesichtern. Licht. Dann alles auf Anfang: Drei Tänzer stehen auf der linken Bühnenhälfte hintereinander, ein/e TänzerIn in der Mitte und zwei am rechten Bühnenrand. Aus der Vogelperspektive betrachtet, sieht es aus wie die Fünfer-Seite eines Würfels – mit einem zusätzlichen Punkt.
Imaginationen, Träume, Assoziationen
Auf der Bühne stehen TänzerInnen der Cie BewegGrund. Die Truppe aus Bern existiert seit 1998 und bringt Menschen mit und ohne Behinderung im Tanz zusammen. Für “10xTheEternal” kooperierte die Gruppe mit Massimo Furlan und seiner Kompanie Numero23Prod. aus Lausanne. In “10xTheEternal” spielen die Tänzer – Diane Decker, Esther Kunz, Antony Quenet, Raphaël de Riedmatten, Konrad Stokar, Stéphane Vecchione – mit dem Prinzip der Wiederholung. Sowohl der Song “The Eternal” von Joy Division als auch die Bewegungen, Gesten und Positionen auf der Bühne wiederholen sich, sind jedoch niemals identisch.
Massimo Furlan und Cie BewegGrund lassen so Bilder entstehen, die kleine Geschichten erzählen. Der Fokus wird von einem Akt des Verstehens auf das Sichtbare gelenkt. Narrative Erzählstrukturen, Zeit, Raum lösen sich auf. Zurück bleiben Imaginationen, Träume und Assoziationen, die von Betrachter zu Betrachter variieren können und nicht festgelegt sind.
Furlans choreografische Fokus liegt auf den Armbewegungen. Pantomimische Gesten in fließenden Bewegungen wechseln sich mit ruckartigen Zuck-Impulsen ab. Immer wieder Stillstand. Aus dieser Formation heraus entsteht ein Bewegungsablauf, der sich wiederholt und verändert. Die Reihenfolge der Tänzer in der Ausgangsformation und die damit verbundene Veränderung der Besetzung in den einzelnen Bewegungsabläufen, die Bewegungsausführung in Geschwindigkeit und Intensität sowie ganze choreografische Abschnitte unterscheiden sich von Wiederholung zu Wiederholung. Musik und Tanzbewegungen wirken nicht zusammen; der Fokus liegt entweder auf dem einen oder dem anderen. “The Eternal” wird zu Anfang im Original gespielt und danach zunehmend verfremdet, so dass gegen Ende eine Melodie bleibt, die mal melancholisch und schwermütig ist, mal laut, trommelnd, nur mehr Geräusch.
Gesten, Bewegungen, Blicke
Während einer Stunde entsteht ein vielfältiges Repertoire an kleinen fragmentarisch zusammengesetzten Geschichten, die durch die ständigen Wiederholungen stets neu entstehen. Einmal liegt die junge Tänzerin mit geschlossenen Augen auf dem Boden, ein Tänzer steht an ihrem Kopf und macht mit seinen Händen rieselnde Bewegungen, als würde er behutsam Traumsand über sie streuen. Ein anderes mal zuckt und zappelt die Tänzerin mit Armen und Beinen, schlägt um sich, stöhnt, weint, schreit, schluchzt. Ihr Körper bebt. Sie wird gehalten. Umarmt. Gestreichelt. Bekommt Trost. Wird ruhiger, bis sie schließlich ganz verstummt und liegend Ruhe findet.
So kommuniziert das BewegGrund-Ensemble mit Gesten, Bewegungen und Blicken. Mehrmals blicken die Tänzer auf eine agierende Person oder in den Zuschauerraum, als wollten sie etwas ausdrücken, wozu Worte nicht im Stande sind. Dann wieder: alles auf Anfang.
Eine weitere Kritik zu “10xTheEternal” lesen Sie hier. Mehr Bilder gibt es hier. Und hier finden Sie alles über den dem Abend zugrundeliegenden Song.