How to rest in an unresting world

„Resting is an essential human need, that seems to become more and more difficult to realize.” (Angela Alves)

REST von Angela Alves, Foto: Leylâ Canan Zeppenfeld

“BITTE HINLEGEN!” lautet die Anweisung zur Installation “REST”, die am Eingang eines Raumes im Obergeschoss der Kakadu-Bar zu lesen ist. Zwischen Stühlen, Tischen, einer Theke und umherwuselnden Menschen steht ein Gitterbett mit Clownsnasen aus Schaumstoff bestückt. In der Matratze sind an drei verschiedenen Ecken Lautsprecher versteckt. Jetzt heißt es hinlegen, um der Soundinstallation der Performerin, Tänzerin und Ko-Kuratorin des diesjährigen Grenzenlos Kultur-Festivals Angela Alves zu lauschen.

“REST” widmet sich thematisch der Notwendigkeit von Körpern sich auszuruhen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Akzeptanz und Rahmenbedingungen, die individuelles Erholen überhaupt erst ermöglichen.

Auf den Tonaufnahmen tauschen sich Alves und drei weitere Frauen über ihre verschiedenen Erfahrungen und Gedanken zum Thema des Ausruhens aus. Das (eigene) Bett dient hierbei oftmals als geeigneter Ort und ist doch mit den unterschiedlichsten Emotionen und Handlungen verbunden. Mal ist es ein Schutzraum vor den zum Teil überfordernden Eindrücken der Außenwelt, mal Ort der Lust und Selbstvergessenheit und häufig eben auch Raum für Regeneration. Eine der Frauen beschreibt die Funktion von Geborgenheit und bringt diese mit dem Vorgang des Stillens in Verbindung. Eine weitere Frau redet über eine Art „Ausleben“ von Depressionen im Bett. Resting hat viele verschiedene Funktionen und zugleich einen sehr individuellen Charakter. Die Audiodokumente bringen dies zum Ausdruck.

Spannend hierbei ist die im Gespräch der Frauen wiederkehrende Frage, wie die Praxis des Resting gesellschaftlich aufgenommen und bewertet wird – oftmals nämlich eher negativ. Dabei braucht jeder Mensch Auszeiten, um sich (nicht nur) vom Alltagsstress zu erholen. Dennoch werden diese in der Leistungsgesellschaft mit Faulheit, Trägheit und Unproduktivität verknüpft. Demgegenüber kann der Akt des Ausruhens auch als Protest verstanden werden, um sich aus dem alltäglichen Hamsterrad zu befreien und dem damit einhergehenden Stress und Leistungsdruck etwas entfliehen zu können. Dass insbesondere für Menschen mit chronischen Erkrankungen Momente des Ausruhens im Alltag und ein Herausnehmen von Geschwindigkeit und Druck essenziell sind, wird in den Beschreibungen der Frauen genauso deutlich wie die Tatsache, dass dies auch mit Fragen von Akzeptanz und Verständnis von „außen“ einhergeht.

Sich beim Besuch der Installation auf das Bett zu legen, löste bei uns ein Gefühl des Unbehagens aus. Es gestaltete sich schwierig, in der Öffentlichkeit auf einem fremden Bett liegend den zum Teil intimen Gesprächen in der Soundinstallation zu lauschen. Ein Moment des Ausruhens, des Entspannens und der Privatsphäre wurde für uns als Besucherinnen nicht möglich. Der räumliche Lautstärkepegel, die umherlaufenden Menschen und die skeptischen Blicke unbeteiligter Personen sowie die teilweise akustisch nur schwer zu verstehenden Stimmen in den Aufnahmen, haben es zu einer Herausforderung werden lassen, den Gesprächen zu folgen. Aber war vielleicht genau das auch eine Intention von Alves, um deutlich zu machen, wie es sich in abgeschwächter Form anfühlen kann, wenn Personen dem gesellschaftlichen Druck nicht standhalten und normativen Erwartungshaltungen nicht entsprechen können?

Für mich, Ida, machte Alves mit dieser Arbeit erfahrbar, welche vielschichtige Bedeutung und welche Notwendigkeit Ausruhen hat, insbesondere für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Die Tatsache, dass ich mich selbst im Moment der Teilnahme weder entspannen noch erholen konnte, zeigte, wie wenig Platz diesem Bedürfnis oftmals eingeräumt wird. Unklar bleibt für mich, ob ich als Besucherin erfahren sollte, mit welchen Herausforderungen das Ausruhen verbunden ist oder ob darauf abgezielt wurde, einen Ort für diese Praxis zu schaffen und sie selbst erlebbar zu machen. Ersteres ist gelungen, zweiteres konnte ich jedoch nicht erleben.

Und für mich, Leylâ, war es eine sehr ungewohnte, beziehungsweise unangenehme Situation, sich inmitten von Leuten auf ein Bett zu legen. Durch diese Irritation hatte ich das Gefühl, die Installation nicht in all ihren Dimensionen wahrgenommen zu haben.