Zwölf Minuten…ab…jetzt! Und der Raum ist plötzlich ein Gesprächsgeräusche-Dschungel.
Ich sitze auf einem Stuhl gegenüber von Jil-Marie Zilske. Ihr Name steht groß sichtbar in blauer Kugelschreiber-Schreibschrift auf einem karierten Din A4 Blatt, das mit Tesafilm an ihrem Stuhl befestigt ist. Sie ist Redakteurin des Kulturmagazins Ohrenkuss und macht gerade eine Ausbildung an der Technischen Hochschule Köln zur Bildungsfachkraft. Sie lebt mit Down-Syndrom und findet es gut, dass an ihrer Uni Leichte Sprache angeboten wird. Als Influencerin setzt sie sich für gleiche Rechte für alle ein und wünscht sich das Angebot der Leichten Sprache überall, auch unterwegs, da sie gerne verreist. Am Liebsten ist sie aber am Meer, jenseits der Touristen, wo man Ruhe findet und den Wellen lauschen kann. Sie schreibt neben den Redaktionstexten auch gern Lieder und kann sich gut vorstellen, später mal Liedermacherin zu werden und… um ist die Zeit.
Das Einzelgespräch mit den Experten*innen ist neben dem informativen Teil – ihre Spezialgebiete wurden in Form von Fragen in den Symposiums-Unterlagen formuliert – auch ein Einblick in ihr persönliches Leben: Wünsche, Hoffnungen und vergessene Anekdoten. Stuhlwechsel: Die Dolmetscherin für Gebärdensprache Tanja Lilienblum-Steck hat sich früher mal in einen Gehörlosen verliebt, als sie 13 Jahre alt war, was den Samen der Faszination für die Gebärdensprache bei ihr gepflanzt hat, wie sie selbst beschreibt. Dolmetscherin Julia Cramer sitzt daneben und meint, dass sie nicht mit so einer romantischen Geschichte punkten kann. Sie wusste, dass sie ihre Sprachaffinität mit etwas Sozialem verbinden wollte und studierte daraufhin Gebärdensprache. Anstatt nur ein Extra am Rand zu sein, plädieren beide dafür, Simultanübersetzer*innen direkt in einer Theaterperformance zu integrieren, wie Cramer es bereits mit Kostüm in „This is Not A Safe Space“ neben Jackie Hagan erfahren durfte… Zwölf Minuten schon rum? Auf zum Nächsten!
Ich sitze jetzt auf einem großen, gemütlichen Sitzsack in der Mitte des Raumes auf dem Boden. Noa Winter hat es sich ebenfalls auf ihrem Sitzsack bequem gemacht und erzählt von den Herausforderungen, eine nicht-sichtbare Behinderung zu haben und von möglicher Barrierefreiheit in ihrem Alltag und Beruf. Andere Personen nehmen sie oft nicht als Mensch mit Behinderung wahr, wenn sie das, was sie im Alltag braucht, einfordert. Das Gefühl, missverstanden zu werden oder sich immer erklären zu müssen, ist eine zusätzliche Belastung und der Wunsch nach Barrierefreiheit in den Köpfen ist ein wesentlicher Lösungsansatz. Beispielsweise können Sitzsäcke neben Stühlen als selbstverständliches Angebot auf Veranstaltungen sicherstellen, dass jeder sich wohlfühlen kann.
Über Barrierefreiheit nachzudenken und dafür sensibilisiert zu werden ist ein wertvoller Perspektivwechsel. Ich nehme das Meeresrauschen, eine Liebesgeschichte, aber leider keinen Sitzsack mit nach Hause.