Wie das knackt und knallt! Immer wieder fährt Samuel Koch in seinem Rollstuhl über die Luftpolsterfolie. Mal prasselt das wie ein Feuer, mal knirscht es wie eine anfahrende Lok. Plötzlich ertönt das Läuten des Big Ben – Hubert Schlemmer schlägt die Melodie auf den Röhrenglocken – und sofort erscheint einem das Bild Londons vorm inneren Auge.
Dabei sieht man vor allem ein wohlgeordnetes Chaos auf der Bühne. In Eike Hannemanns Inszenierung des Live-Hörspiels von “Reise um die Welt in 80 Tagen” nach Jules Vernes Roman von 1873 begleitet das Publikum vier Schauspieler auf eine akustische Tour um die Welt. Die Geschichte handelt von Phileas Fogg, der mit seinem Kammerdiener die Welt in genau 80 Tagen umreist, um eine Wette zu gewinnen. Weil die Schauspieler zahlreiche Requisiten und Instrumente benutzen, um die akustische Atmosphäre der verschiedenen Orte herzustellen, gelingt es Hannemann, eine realistische Klangwelt zu erschaffen. Die Kostüme sind klassisch an die Zeit angepasst.
Eine Besonderheit dieser Inszenierung liegt in der sorgfältigen Auswahl der Klangmittel. Die Liebe steckt im Detail: Ein Gong markiert Hong Kong, eine Hupe kreischt wie eine Möwe, der Rollstuhl imitiert sowohl einen Schiffsmotor wie die Eisenbahn. Gezielt setzt Hannemann auch ein Aufnahmegerät ein, das das Geplapper in einem amerikanischen Zug oder den Lärm der überfüllten Bahnstation wiedergibt. Die beeindruckende Kunst des Ensembles ist es, all diese Klänge im richtigen Moment zu erzeugen und miteinander zu vereinen. Yana Robin La Baume als Aouda und Robert Lang als Passepartout überzeugen, indem sie viele Nebenrollen mit verschiedenen Akzenten und Tonlagen klar umreißen. Auch Koch gelingt es, die Facetten seiner Figur – ein arroganter Engländer, der auf der Reise zu Lieben lernt – mit seiner Stimme zu vermitteln.
Die meisten komischen Szenen gehören Hubert Schlemmers Mister Fix, der Fogg als Geheimagent verfolgt, um ihn festzunehmen und als Bankräuber zu enttarnen: Mit einer Gießkanne ahmt der den Ruf eines Muezzins ebenso nach wie die Gesänge des japanischen Theaters. Immer wieder versucht er eine Mücke zu töten, die über seinem Kopf fliegt und die Koch hinreißend nervtötend summt. Dass gelegentlich die Technik streikt, sorgt für einige der witzigsten Momente: Als einmal das Aufnahmegerät versagt und der Tontechniker ihn bittet, seine schrägen Gießkannengeräusche zu wiederholen, murmelt er leicht genervt: “Ja, ich hör’s auch immer wieder gerne.” Das Publikum brüllt vor lachen, er selbst kann sich kaum halten – und muss sich erst mal tief durchatmen, bis er wieder mit entspannten Lippen ansetzen kann.
So wird die Inszenierung vor allem durch die charmanten Schauspieler getragen, die vielen witzigen Momente und die interessante Nutzung der einzelnen Klanginstrumente. Ohne Problem könnte diese Inszenierung auch mit geschlossenen Augen genossen werden. Denn die Geräusche klingen so überzeugend, dass man sich fühlt, als befände man sich mit Fogg auf Reisen.