Sue Austin taucht in ihrem Rollstuhl unter Wasser und verkörpert pure Freiheit. Um das zu erleben, taucht man am besten selbst mit unter. Ein Erlebnisbericht
Das Wasser ist warm und lässt mich die schwere Taucherflasche auf meinem Rücken nicht spüren. Ich beiße auf das Mundstück meiner Taucherausrüstung und atme zum ersten Mal in meinem Leben Luft aus einer Flasche. Karin, unsere Tauchlehrerin, schaut mir zuversichtlich ins Gesicht. “Dann wollen wir mal!” – und schon gehen wir auf Tauchstation. Das Atmen funktioniert erstaunlicher Weise wie von selbst. Ich bin begeistert.
Um Sue Austins Performance unter Wasser zu sehen, habe ich mich, wie sechzehn Andere, bei einem Schnuppertauchkurs angemeldet. Wir haben dreißig Minuten, um uns an die Situation unter Wasser zu gewöhnen. Karin nimmt meinen Anfängerkollegen und mich an die Hand. Mit so vielen unkoordinierten Anfängern ist es ganz schön voll im Becken. Dass man sich plötzlich nicht mehr nur nach vorn, hinten, rechts, links, sondern auch nach oben und unten bewegen kann, ist schwer zu verstehen. Doch schon nach wenigen Minuten lasse ich Karins Hand los und schwebe wie schwerelos durch das Wasser. Schon sucht Karin meinen Blick und streckt den Daumen nach oben. Das Zeichen zum Auftauchen.
Bögen, Salti, Kreise
Danach kommt das eigentliche Vorprogramm, zu dem auch das übrige Publikum eingelassen wird. Wir sitzen jetzt eine knappe Dreiviertelstunde am Beckenrand. Ich fröstele etwas und finde keinen Zugang zur Perkussions-Musik. Endlich bekommen wir das Zeichen, uns wieder ins Wasser zu begeben. Sue Austin wird von einer Gruppe junger Männer in ihrem Rollstuhl an den Beckenrand getragen, wie auf einer Sänfte.
Sie rollt vorsichtig nach vorn, bis sie ganz dicht am Beckenrand steht, setzt sich das Mundstück des Atemgeräts ein. Dann ist der Moment plötzlich da: Austin kippt ins Wasser. Die Halle ist verdunkelt, wir tauchen ab und müssen uns erst mal koordinieren. Zisch – Blubber –Zisch – Blubber. Ungewohnt, sich so intensiv atmen zu hören. Bis ich mich wieder an die Situation unter Wasser gewöhnt habe, ist Sue Austin schon einige Meter geschwommen. Die Frau gleitet wie schwerelos durch den tiefen Bereich des Beckens. Ihre langen Haare zieht sie in wirren Bögen hinter sich her, mit den Armen macht sie Bewegungen, die mich mehr ans Tanzen als ans Schwimmen erinnern. Faszinierend. Die Künstlerin schlägt Salti, zieht Kreise und nutzt das ganze Becken.
Sie scheint viel besser als wir alle das Verhältnis von oben und unten verinnerlicht zu haben und schwebt an der Reihe ihrer Unterwasserzuschauer vorbei, als wolle sie uns allen die Hand reichen. Aus einem Schlauch, der am Boden des Beckens montiert ist, sprudelt eine Wand aus Luftblasen, durch die Austin nun schwebt. Die Blasen verheddern sich in ihrem Haar. Sie macht sich das Element Wasser zu eigen, so wie sie sich auch ihren Rollstuhl zu eigen gemacht hat.
Was haben wir da bloß verpasst?
So kann sie sich freier im Wasser bewegen als all die Tauchanfänger zusammen. Anmutig wie ein Fisch. Wir bekommen durch ein Klacken unter Wasser das Zeichen zum Rückzug und kraxeln unbeholfen an den Rand des flachen Bereichs. Eine Weile lang sehen wir gar nichts. Dann erscheint Austin wieder in unserer Nähe. An ihrem Rollstuhl zieht sie rote Bänder mit Leuchtelementen hinter sich her. Verflixt, was haben wir da bloß verpasst? Wir bekommen rote Fahnen in die Hand gedrückt, mit denen wir über Wasser wedeln sollen. Sue Austin dreht noch zwei, drei Runden vor uns. Daumen hoch, das Zeichen zum? – Auftauchen. Genau.
Ich versuche das so leise, wie möglich, da ich keinen Schimmer habe, was die Zuschauer außerhalb des Beckens hören. Prompt presst sich Luft aus meinem Mundstück und sprudelt und zischt lauthals. War ja klar. Wir sehen noch den Abspann des Films “Finding Freedom“, der Sue Austin in fantastischen Ozeanlandschaften zeigt und an die Decke des Schwimmbads projiziert wird. Dann geht das Licht wieder an. Wir applaudieren, sind fasziniert von dem Kunstwerk und können die Erlebnisse noch nicht richtig einordnen. Als ich mit meinen Bloggerkolleginnen spreche, bemerke ich jedoch, wie nah ich Sue Austin war und wie intensiv ich die Situation mit ihr erlebt habe.
Einen Bericht von der Beckenrand-Perspektive lesen Sie hier.
Schnuppertauchen für das Grenzenlos Kultur Festival,
Vor ein paar Wochen erhielt der Sportshop MaRo einen Anruf von Marcel – einem der Organisatoren vom Festival – könnt Ihr Zuschauer für eine Unter Wasser Aktion Begleiten????
Klar kann der Sportshop MaRo und macht auch gleich ein Schnuppertauchen daraus!
Wir waren an beiden Festival Tagen im Schwimmbad mit je 20x kompletten Tauchausrüstungen, 7 Tauchlehrer und noch Unmengen Zusatz Ausrüstung für Sue und Ihr Unterwasser Team.
Die Schnuppertaucher unter Wasser begleiten zu dürfen war uns eine große Ehre! Den das erste Mal schwerelos Schweben und die Eindrücke aufzunehmen ist schon etwas besonderes, auch jedes Mal für uns; als Team!
Auch hat uns Sue und Ihr Team mit Ihrer Unterwassershow sehr beeindruckt – was sie unter Wasser leistet ist der Hammer!
Wem das Schnuppertauchen so wie Caja gut gefallen hat, kann nun gerne weiter mit einem Tauchkurs in die Unterwasserwelt eintauchen. Wir freuen uns, wenn wir Euch wieder sehen.
Weitere Infos: http://www.rogerdivers.de
Liebe Grüße
Eure Taucher
Das war eines der spektakulärsten Theatererlebnisse meines Lebens, nicht übertrieben!