Behindertenbonus? Nein danke!

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Das RambaZamba-Ensemble, hier in den Kostümen ihrer “Weiberrevue XXL”; hinterm Cello: Gisela Höhne © Michael Bause

Heute und morgen gastiert das Theater RambaZamba mit “Jahreszeiten” bei Grenzenlos Kultur vol. 15. Ein Ensemble-Porträt

Jeder Mensch ist anders. Sonst wäre die Welt ganz schön langweilig. Es gibt große Menschen und kleine, blonde, brünette und rothaarige,  mit heller oder dunkler Haut. Und es gibt Menschen mit so genannter Behinderung. All diese Eigenschaften würden uns wahrscheinlich gar nicht auffallen, wären sie nicht durch die Gesellschaft produziert.

Beim  Berliner Theater RambaZamba  stehen Menschen mit so genannter geistiger Behinderung auf der Bühne, viele von ihnen haben das Down-Syndrom. Vor mehr als 20 Jahren gründete die Schauspielerin Gisela Höhne, heute Regisseurin und Leiterin des RambaZambas, gemeinsam mit Klaus Erforth die Kunstwerkstatt “Sonnenuhr” im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Daraus ging schließlich das “verrückte” Theaterensemble hervor. “Verrückt” wegen seiner besonderen ästhetischen Ausdrucksform.  Die Schauspieler des RambaZambas beschreiben ihr Theater als einen Ort, an dem Kunst von Künstlern, Theater durch Schauspieler enstehe – nichts Anderes.

“Nicht rezensierbar”?

Lange wurde Theater von und mit Menschen mit Behinderung als “nicht rezensierbar” bezeichnet. Sie landeten mit ihren Inszenierungen oft in der sozialen Ecke, ihre schauspielerischen Darbietungen wurden als Therapie angesehen. Doch Gisela Höhne betont immer wieder, dass es nicht um Therapie gehe. Im Gegenteil, Behinderung wird als Stärke angesehen. Schließlich sind die Schauspieler Profis. Theatergruppen wie das Blaumeier Atelier (Bremen), Thikwa (Berlin), HORA (Zürich) oder eben RambaZamba bilden sie aus. Es ist ein Vollzeitjob, genau wie bei anderen Schauspielern auch – 2007 etwa richtete der “Sonnenuhr”-Verein erste geschützte Arbeitsplätze für die besonderen Theater- und Kulturschaffenden ein, seither ist die Zahl auf 30 angestiegen. Wieso sollten sie also nicht – wie alle anderen – kritikfähig und damit rezensierbar sein?

“Für die Schauspieler ist das Spiel auf der Bühne ein Durchbruch”, sagt Höhne – sowohl gesellschaftlich als auch für die Akteuere selbst. Von als defizitär wahrgenommenen Wesen entwickeln sie sich mit Betreten des Bühnenraums zu Personen des öffentlichen Lebens. Dabei ist Anschauen ausdrücklich erwünscht, denn die Schauspieler treten bewusst vom Dunkel ins Licht. “Im Theater siehst du den Menschen, einen Besonderen, Gezeichneten”, so Höhne.

Spielerischer Kreativitätsrrahmen

In über 25 Inszenierungen und bei mehr als 100 Gastspielen in ganz Europa hat das Ensemble des RambaZamba-Theaters das Anderssein immer wieder thematisiert (auch in Mainz – im vergangenen Jahr etwa waren sie “Lost Love Lost” bei Grenzenlos Kultur). Und gezeigt, dass man damit absolut selbstbewusst umgehen kann. Durch ihre Individualität geben sie dem Theater ein Stück seiner ursprünglichen Identität zurück: Jedes Theaterereignis wird zu einer Neuschöpfung, indem sie den spielerischen Rahmen mit ihrer Kreativität ausfüllen. Ein perfekt einstudierter Text ohne Gefühlsregung des Schauspielers berührt wohl höchstens den Gehörgang.

Neugierig geworden? Hier geht es zur offiziellen Website des Theaters RambaZamba. Einen Videobeitrag der Sendung XENIUS über die Arbeit der Schauspieler finden Sie hier.

Das Theater RambaZamba präsentiert die Inszenierung “Jahreszeiten” heute und morgen um 19.30 Uhr im Kulturzentrum in Mainz.