Suchte Picasso das Paradies?

Baltazar Theater: “Picasso – Die Erschaffung der Welt” am 21. September 2011

Sucht nicht jeder einen perfekten Ort, zu leben? Einen Ort, wie ihn Gott Adam und Eva versprochen hatte. Ein Paradies, in dem noch Gerechtigkeit und Liebe herrschen. Diese Fragen wollen sich auch die Mitglieder des „Baltazar Theatre“ stellen. Zumindest verspricht es so das Programm.

Bis vor Kurzem hatte ich noch nie von Bildertheater gehört. Dabei klingt die Idee so gut. Statt Dialoge zu führen und den Zuschauern einen klaren Handlungsstrang zu präsentieren, geht es beim Bildertheater darum – ohne Worte -, in kleinen Szenen immer wieder neue Bilder darzustellen.

Auch das „Baltazar Theatre“ – 1998 gegründet und bis heute die einzige professionelle Theatergruppe in Ungarn, bei der geistig behinderte Schauspieler und Tänzer mitmachen – bedient sich dieser Methode. Vergangenen Mittwoch waren sie im Kulturzentrum KUZ in Mainz und versuchten, mit ihren Bildern das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Aber vielleicht hätten in diesem Fall ein paar erklärende Worte nicht geschadet. Denn an mir ist dieser Versuch leider gescheitert.
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Man kommt nicht umhin sie mit der Tanzgruppe „Grupo Dançando com a Diferença“ aus Portugal zu vergleichen, die nicht nur den Auftakt zum „Grenzenlos Kultur Festival vol. 13“ darstellten, sondern auch Teil der King Kong – Variationen waren.Wie das „Baltazar Theatre“ arbeiten auch sie mit Behinderten – sowohl geistig als auch körperlich – zusammen, wobei sie keine professionelle Gruppe sind.

Der Unterschied zwischen beiden Gruppen ist gigantisch. Auch wenn Tanzen eine Form der Darstellung ist, die man nur schwer als leicht verständlich bezeichnen kann, kann man doch meistens ein Konzept entdecken; oder sich das zumindest nach dem Lesen des Programms einbilden. Aber auch zwei Tage nach der Performance „Die Erschaffung der Welt“ hat die Erkenntnis bei mir nicht eingesetzt.

Kunst, Tanz und Farben

„Inspiriert von der Bilderwelt Picassos, Gemälde und Zeichnungen wie auch zu Ikonen gewordene Fotos aus seinem Leben, ist `Picasso – Die Erschaffung der Welt´ ein Tanz- und Bildertheaterabend über die Parallelen von erotischem und künstlerischem Drang und die bei jeder Geburt und jedem Kunstwerk neu stattfindende Erschaffung der Welt.“

Vielleicht muss man sich besser mit Picasso auskennen, um die Parallelen zu verstehen. Aber abgesehen von dem Pinsel, der während der Inszenierung immer wieder zum Einsatz kam und von einem Tänzer zum nächsten weitergereicht wurde, habe ich Picasso in diesem Stück nicht entdecken können. Auch den Versuch, ein Eden jenseits Eden zu errichten, habe ich nicht gesehen.

Doch auch wenn die Intention des Stückes in meinen Augen gescheitert ist und ich als Zuschauer oft das Gefühl hatte, der Regisseur wusste nicht so recht, was er sagen will, waren es trotzdem keine vergeudeten 90 Minuten. Schließlich war es ein Bildertheater und mit den traumhaften Kostümen sah doch jedes Bild umwerfend aus. Wallende Kleider mit bunten Farben, eine Meerjungfrau in einem türkisfarbenen Kleid, Seemannsjungen in marineblauen Uniformen.

Und vielleicht ist es gar nicht verkehrt, dass der Regisseur nicht wusste, was er tat. Denn wüsste er, wo das Paradies zu finden ist, würde er dann wirklich noch Theaterstücke schreiben? Nicht, dass es in diesem Fall ein allzu großer Verlust gewesen wäre, aber schließlich macht die Suche nach dem Paradies das Leben aus, nicht das Ankommen.

Lea Sophie Preußer

Lea Sophie Preußer, geboren 1990 in Wiesbaden, studiert Kulturanthropologie, Publizistik, Literaturwissenschaft und Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Als freie Redakteurin schreibt sie für verschiedene Lokalzeitungen wie der Allgemeinen Zeitung Mainz und betreut ihren eigenen Flohmarktblog. Schon 2011 war sie Teil des Bloggerteams für das Grenzenlos Kultur Festival. Nebenbei arbeitet sie als Redaktionshilfe beim ZDF. Mehr unter www.marktwelten.de und auf Twitter @LeSophie.