Die französischen Blasmusik-Straßentheaterkünstler Les Grooms machen die Plätze um das Mainzer Staatstheater unsicher
Schon von Weitem sieht man die große Menschentraube, hört man laute Blasmusik. Einige Passanten sind irritiert, andere voller Erwartung. Acht Musiker in roten Portier-Uniformen mit goldglänzenden Knöpfen marschieren hintereinander gereiht auf den Tritonplatz, schlängeln sich durch die Menschentrauben, blasen sich äußerst stilsicher mit Trompeten, Posaunen und Saxonfonen durch Klassik und Pop.
Les Grooms, eine seit 1984 bestehende Blechblasmusikband aus Paris, sind Größen in der französischen Fanfarenszene und in diesem Jahr zum ersten Mal beim Festival Grenzenlos Kultur. In guten 45 Minuten bewegen sie sich mit ihrem Programm rund um das Mainzer Staatstheater und erreichen dabei die unterschiedlichsten Menschen.
Mit viel Esprit gehen die Les-Grooms-Miglieder auf Passanten zu, überzeugen dabei mit choreographischer Spontanität und ihrem Motto: Jeder ist ein Künstler! So tritt einmal ein Mann ins Zentrum und beginnt zu dirigieren. Zufall? Geplant? Scheinbar ist er Herr über den Rhythmus, steigert eine Nummer in die Kakophonie. Dass es sich um einen Schauspieler des Bremer Blaumeier Ateliers handelt, wissen nur Eingeweihte.
Aber etliche Mitmachende sind echt. Denn die Musiker haben keine Scheu, sich Passanten zu nähern, sie mit einzubinden. Einige sind darüber erfreut, andere kriegen, peinlich berührt, einen hochroten Kopf. “Ist das echt? Oder gehört er dazu?”, fragen Stimmen in der Menge. Aber meist merkt man schnell, wer Zuschauer ist und wer zum Team gehört. Wie die Selfie-Frau, die plötzlich die Puccini-Arie “O mio babbino caro” singt, die die Musiker zuvor noch als Chachacha-Nummer improvisiert hatten. Oder der alkoholisierte Obdachlose, der “Don’t worry be happy” grölt und dabei die Arme ekstatisch in den Himmel reckt – das ist etwas zu gewollt inszeniert, reißt aber dennoch mit, als er den Text lallt und das Publikum zum Mitklatschen animiert.
So vereinen Les Grooms auf charmante Art und Weise die musikalische und menschliche Vielfalt. Durch die Kombination aus Slapstik-Nummern, Balladen und Opernsequenzen ist für jeden was dabei. Es gelingt ihnen, die Grenzen zwischen Akteuren, Zuschauern und Umwelt zu verwischen. Ein interaktives Musizieren, bei dem alle zusammen an einem Rhythmus arbeiten, den die Stadt annimmt. Ob im Liegen, Stehen oder Tanzen: Sie brechen Barrieren. Sie überschreiten Grenzen.