Während beim Symposium “Out of Time?” zwei Tage lang über andere Zeitlichkeit gesprochen wurde und darüber, wie insbesondere Künstler*innen mit Behinderungen Zeit neu denken und strukturieren helfen, zeigt eine Festivalszene, wie schnell Zeit durch Kunst aus dem Tritt gerät. Eben noch haben Les Grooms vor dem Staatstheater mit Passantinnen geflirtet und einen als Obdachlosen verkleideten Sänger begleitet, da legt sich plötzlich einer von ihnen auf den Boden. Er spielt weiter. Bald kommt ein zweiter, eine dritte hinzu. Immer länger wird die Gerade. Als alle liegen, steht der Erste auf und legt sich an die Spitze.
Allmählich schiebt sich die menschliche Linie quer über den Gutenbergplatz, heißt: auch quer über die Straße. Und die Busse? Müssen stehenbleiben. Die Menschen drinnen? Warten. Schauen. Ärgern sich vielleicht. Denn bis alle drüben sind, das dauert! Vier, fünf Busse stauen sich, aber die gutgelaunten Straßenmusiker mit Clownsschalk ignorieren die erstaunten wie die genervten Blicke, nehmen sich ihre Zeit. Behinderung des Straßenverkehrs, ja des öffentlichen Raums? Egal: Hier gilt’s der Kunst!
Am Ende geht es dann doch ziemlich schnell. Aber noch bevor die letzten Grooms die Straße geräumt haben, klopfen die ersten schon an die Bustür. Nach einigem Zögern öffnet der Fahrer, die ganze Truppe verschwindet zwischen den Menschen, nur um wenige Sekunden später fröhlich durch die Türen zu springen.
Ist das jetzt ein Bild dafür, wie schnell Menschen durch ihre Umwelt behindert werden? Ein Aufruf zu mehr Geduld und Gelassenheit? Eine provokante Clownerie? Was bleibt, ist auch das Bild eines zufällig zusammengeströmten Publikums, das mitläuft und die Grooms immer eng umdrängt, einen Schutzwall bildet gegen den Verkehr. Könnte beispielgebend sein für viele Situationen im Leben – nicht nur im Fall von Kunst.