Nur für sich selbst

 

Das Berliner Theater Thikwa und Anne Tismer zeigen „Dave – ein überirdisches Science-Fiction-Spektakel“ frei nach einem Eddie-Murphy-Film.

„Er ist ein ganz normaler Mensch genau wie alle anderen auch!“ Dieser Satz fällt irgendwann in der zweiten Hälfte des Abends. Dann noch mal. Und noch mal. Die Handlung ist bereits völlig versandet, aber wenigstens kennt man endlich Ziel und Zweck dieser Inszenierung: mit der Moralkeule zu winken, während die Performer fröhlich hüpfen und tanzen.

Das Berliner Theater Thikwa versteht sich laut Programmzettel als „künstlerisches und soziales Experiment behinderter und nichtbehinderter Künstler*innen“. In Ordnung. Aber musste das experimentierfreudige Ensemble unbedingt sein Labor verlassen, um der Welt seine Adaption eines schlechten Eddie-Murphy-Films zu präsentieren? Anne Tismer, früher mal ein Theaterstar, hat Brian Robbins’ mäßig lustigen Familienfilm „Dave“ aus dem Jahr 2008 auf die Bühne katapultiert. Wobei das Resultat, ihre Inszenierung „Dave – ein überirdisches Science-Fiction-Spektakel“, wie Murphys verzweifelter Versuch wirkt, an seine alten Streiche à la Dr. Doolittle anzuknüpfen: als banale, unbeholfene, anspruchslose und wenig unterhaltsame Nummernrevue.

Das Spektakel wirkt wie die Präsentation eines theaterpädagogischen Workshops, in der sich zusammenhangslose Improvisationsübungen aneinanderreihen und sich bis zur Unkenntlichkeit überlappen, akustisch, szenisch. Im U17 rennen und tänzeln also zwölf Performerinnen und Performer in wild zusammengeschusterten Kostümen eine gute Stunde lang schreiend über ein kleines Basketballfeld inklusive Korb.

 

Der Plot: Ein Raumschiff in Menschengestalt landet auf der Erde, um eine ominöse Kugel wiederzufinden, damit die Ressourcen seines Planeten nicht versiegen. Seine Besatzung hilft ihm dabei, sich unter den Menschen – „ganz normal wie alle anderen auch“, ja doch – zurechtzufinden. Im Film gab es am Rande noch eine Liebesgeschichte. Aber Tismer verliert die Handlung völlig aus den Augen. Zudem dringen nur wenige der meist gebrüllten Satzfetzen akustisch durch, als spielten sie da vorne nur für sich selbst. Ist vielleicht auch so. Aber warum sind wir dann eingeladen dabei zu sein?

Statt einer Handlung strukturieren die Tanznummern den Abend zu wummerndem Hip Hop oder House, die allerdings selbst eher wie eine Parodie wirken. Dass es im Thikwa-Ensemble großartige Schauspieler gibt, glimmt an diesem Abend allenfalls für kurze Momente auf. Etwa wenn Peter Pankow die Karikatur eines amerikanischen Cops auf die Bühne wuchtet oder Torsten Holzapfel seine genialen Stimmimitationen einsetzt. Allerdings sind die wenigen komischen Momente entweder arg konstruiert oder unfreiwillig. Zumindest gibt es einen begabten Tänzer: Meier Edem Akakpo, der dann und wann mal einen Breakdance hinlegt und die synchronen Choreografien anführt. Aber was ist das eigentlich für eine Botschaft, wenn ein nichtbehinderter Künstler in einem inklusiven Projekt als der einzige Lichtblick wahrgenommen wird?

Eine Schultheater-Aufführung hat mehr Biss. Und rührt bisweilen sogar an, wenn sie die Moralkeule auspackt.