Gesichter des Festivals II: Jonas Sippel ist Schauspielschüler am RambaZamba-Theater – und war bei Grenzenlos Kultur vol. 16 gleich zwei Mal zu sehen.
Als Anführer sorgt er für die richtige Stimmung: Jonas Sippel rockt bei “Am liebsten zu dritt” die Bühne, wenn er die Hüften und den Finger à la “Saturday Night Fever” schwingt oder in Rockstar-Manier ins Mikro brüllt: ein cooler Charmeur, ein Anheizer, ein Energiebündel.
Jenseits der Bühne wirkt Sippel entspannt und lässig, jedenfalls nach der zweiten und letzten Aufführung des RambaZamba-Gastspiels, die mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Das dritte Auge aus “Am liebsten zu dritt” ist noch nicht abgeschminkt und blickt groß von seiner Stirn. Gut gelaunt erzählt Sippel von seiner Leidenschaft zum Theater. Ob Spielen, Singen, Tanzen – alles bereitet ihm großen Spaß: “Wenn ich auf der Bühne stehe, fühle ich mich Gott nah, ich bin ja evangelisch.” Für ihn ist das Spielen ein Traumjob – und eine Ehre.
Vor zwei Jahren entdeckte RambaZamba-Leiterin Gisela Höhne Sippels Potenzial, als er an ihrer Bühne ein Praktikum absolvierte. Mit 20 Jahren ist er jetzt Schauspielschüler. Eine harte Arbeit: “Wir beginnen morgens mit dem Training, dann Frühstück, dann proben wir, dann gibt es noch eine Pause zum Mittagessen und dann wird weitergeprobt.” Oft muss er viele Texte gleichzeitig parat haben oder sich schnell auf neue Texte einstellen. “Natürlich kommt man mal durcheinander.” Lachend gibt er zu: “Als Ritual vor einer Aufführung trinke ich manchmal ‘ne Cola. Ich weiß, das ist schlecht für die Zähne, aber was soll ich machen? Es geht ja um Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und Einsatz.”
Schon bei der Eröffnung von Grenzenlos Kultur vol. 16 war Sippel zu sehen: In “Philoktet” spielte er äußerst überzeugend den mitleidigen Neoptolemos. Die griechische Mythologie interessiert ihn schon seit seiner Kindheit: “Ich hab‘ mit Odysseus angefangen und mich dann weitergebildet quasi, irgendwann kam ich auf den Trojanischen Krieg. Und das Schauspielern mache ich auch seit der Grundschule.” Offen spricht der Schauspieler davon, dass ihn etwas mit den inneren Konflikten des Neoptolemos persönlich verbindet: “Es ist so, dass ich eigene Dämonen habe, wie Neoptolemos auch eigene Dämonen hat. Aber er musste den Auftrag ausführen, so ist das manchmal bei mir auch.”
Im wahren Leben wirkt Sippel eher wie ein Komödiant und Lebemann. Was nicht so weit entfernt ist von seiner Rolle in “Am liebsten zu dritt auf”, wo Sippel als einer der “Trisomänner” (wie sie im Programmheft genannt werden) den Ton beim Überfall angibt. “Ich stamme auch von einem Rebellenanführer aus dem Mittelalter ab. Ohne Scherz”, erzählt er stolz. Erstaunlich, wie problemlos er sich vom tragisch-zerrissenen Neoptolemos in diese locker-lustige Figur verwechselt, obwohl er noch in der Ausbildung steckt. Als cooler Rockstar performt er “Sexy” von Marius Müller-Westernhagen mit beeindruckender Wucht. “Als ich noch in der Realschule war, hab‘ ich den Song schon bei Singstar gesungen und den ersten Platz gemacht.” Nun an der Seite von Gitarrist Christof Hanusch zu singen sei unbeschreiblich.
Voll des Lobes ist Sippel auch für das übrige Ensemble: “Manchmal reagiert vielleicht irgendwer über, aber am Ende vertragen wir uns immer wieder. Wir sind wie Brüder, wir ziehen uns nicht runter! Wir sind eine Gruppe und das wollen wir auch! Wir sind Theater RambaZamba und das macht einfach Spaß!” Kein Wunder, dass er Schauspieler bleiben will – und vielleicht sogar mal als Regisseur arbeiten will.