Gesichter des Festivals III: Mirco Kuball machte „Am Liebsten zu dritt“ zum Ereignis
Sein Flirt mit dem Publikum ist raumgreifend. Diese erzählenden Augen! Dieses wissende Lächeln! Diese coolen Gesten! In “Am liebsten zu dritt” spielt Mirco Kuball (41) einen Rezeptionisten und Barkeeper, der durch seine Mimik und Körperbeherrschung besticht. Wie ein Showmaker wirbelt er über die Bühne, animiert das Publikum zum Klatschen, scheint von seinem Tresen aus alle Fäden in der Hand zu halten.
Stolz drückt er mir seine Sedcard in die Hand und nickt. Er hat bei vielen verschiedenen Produktionen mehrerer Theater mitgewirkt, auch im Fernsehen und in Werbe-Spots war er zu sehen. Der Hochglanzdruck zeigt einen Mann mit Sonnenbrille und in lässiger Tänzerpose. Erst dann springt einem der Slogan ins Auge: “Trotz Down-Syndrom nicht down”.
Alles eine Übungssache
Ist das nicht etwas makaber? Der Charme, den Mirco Kuball im Gespräch versprüht, lässt mich nicht daran zweifeln, dass dieser Spruch mit Bedacht gewählt wurde. Kuball wirkt jünger, als er ist. Immer wieder streut er jungenhafte Witze ein, die seine ernsthafte Professionalität angenehm brechen. Er sitzt mir in einer legeren Winterjacke gegenüber.
Bei Rambazamba tritt er als Gastspieler auf – bei Schauspielern mit Behinderungen eher eine Seltenheit. Er legt sehr viel Wert darauf, freier Schauspieler zu sein. “Ich nehme die Rollen an, die mir Spaß machen!” sagt er, und sein Kollege Joannis Bacharis, der neben ihm sitzt und ebenfalls in “Am liebsten zu dritt” spielt, stimmt ihm nickend zu. Sie stehen oft und gerne zusammen auf der Bühne. Gemeinsam arbeiten sie an den Rollen, Joannis hilft Mirco bei Sprache und Bewegung. “Das ist alles Übungssache”, erzählen sie mir.
Zwischen Theater und Fernsehen
Zum Theater kam Kuball auf Umwegen. In Berlin ging er auf die Rudolf Steiner Schule. Nach der Berufsschule und seiner Ausbildung zum Hotelhelfer wechselte er mehrfach die Jobs. Mal arbeitete er in der Hotelbranche, mal im Büro. “Er fasziniert mich, weil er immer seine Jobs selbst gekündigt hat, sobald ihm die Situation nicht mehr richtig schien. Uns Eltern hat er dann einfach nur informiert, dass er gekündigt hat”, erzählt Kuballs Mutter, die später dazukommt. “Er hat außerdem eine genaue Vorstellung von seinem Job und entwickelt laufend neue Ideen, um etwas zu verbessern.”
Stolz zählt Christa Maria Kuball Theater- und Filmproduktionen auf, in denen Mirco mitspielte: das Hamburger Thalia Theater, den Tatort, das “Familiengericht” auf RTL. “Wie hieß noch mal das Stück mit dem Bruder, Mirco? Das war so großartig, das muss man doch erwähnen.” Sie überlegen ein wenig hin und her, bis der Schauspieler drauf kommt: “Peter und der Wolf, Mama!”
Seine langjährige Erfahrung merkt man Kuball an, wenn er auf der Bühne steht. Weil seine Präsenz so raumgreifend ist. Weil er weiß, dass Komik Timing heißt. Vor allem aber, weil er keine Angst vor Gefühlen hat. Gegen Ende von “Am liebsten zu dritt”, als alle Triso-Paare sich zusammengefunden haben, bleibt er als einziger übrig. “Ich bin ja nur der Frosch”, sagt er da. Wie ihm Enttäuschung und Einsamkeit das Gesicht schattieren, mit welch verletztem Blick er da ins Publikum schaut – das fährt einem ins Mark. Als Clown ist Kuball großartig. Als Tragöde ist er unschlagbar.