Ihre Blicke treffen sich. Mann und Frau. Ihre Hände stoßen einander ab wie zwei gegensätzliche Pole. Spannungsfelder tun sich auf, auch wenn sich die Beteiligten nicht kennen.
Raquel Meseguer leitet im Rahmen des Symposiums “Out of time?” den Workshop “The Cartography of Rest”, der die Teilnehmer ihrem eigenen Körper näherbringen und das Bewusstsein dafür stärken will, was einem gut tut. Durch die Arbeit mit sich selbst, aber auch mit anderen.
Seit einem Tanzunfall hat Meseguer chronische Schmerzen im Rücken und in den Beinen. Immer wieder braucht sie deswegen Auszeiten in ihrem Alltag. In diesen Moment der Stille lädt sie andere ein. Sie schafft Räume zum Regenerieren und schärft das öffentliche Bewusstsein für unsichtbare Behinderungen.
Besonders intensiv zeigt sie diese Ambitionen in ihrem Projekt “A Crash Course in Cloudspotting”, über das sie zuvor – als Teil des Symposium-Hauptprogramms – in ihrer Input-Intervention “Pause” sprach. Sie selbst beschreibt es als audio-visuelle Installation. Die Idee ist simpel. Menschen werden dazu motiviert, sich den Raum zu nehmen, den sie brauchen. Sie legen sich hin, betrachten die Welt aus der Horizontalen, beobachten Wolken, legen eine Pause ein.
Gleichzeitig hinterfragt das Cloudspotting die gesellschaftliche Einstellung zum Ruhen in der Öffentlichkeit. Meseguer kritisiert die aktuelle Haltung vieler Menschen zu diesem Thema. Sie erzählt von Menschen, die sie verbal angegriffen haben, wenn sie sich an einem öffentlichen Ort wegen ihrer Schmerzen hingelegt hat. Und sie ist nur eine von vielen, die täglich solchen Anfeindungen ausgesetzt sind. “A Crash Course in Cloudspotting” fordert dazu auf, Verständnis für die Bedürfnisse von Menschen mit unsichtbaren Behinderungen zu entwickeln.
Auch ihr Workshop ist einfach und wirkungsvoll. Die Übungen konzentrieren sich darauf, den ganzen Körper intensiv zu spüren. Besonders effektiv wirkt dabei eine der Partnerübungen. Sich Gegenüberstehende sollen ihre Hände aneinander halten und auf Impulse des Anderen reagieren. Wie zwei gleiche Seiten eines Magneten stoßen die Hände einander ab. Die Bewegungsabläufe werden komplexer. Bald tanzen die Paare durch den Raum, ohne sich zu berühren. Frei folgen sie Impulsen, reagieren aufeinander und scheinen ein unsichtbares Band zu formen. Den eigenen Körper nimmt man durch die Interaktion mit dem Anderen auf eine neue Weise wahr.
Und Meseguer? Tanzt mit.