Jana Tumina im Interview über den Unterschied zwischen Theater und Zirkus und ihre Inszenierung „Ich bin Bashō“
Frau Tumina, wieso Matsuo Bashō?
Ich arbeite nicht nur als Regisseurin, sondern seit 20 Jahren als Theaterpädagogin. Im Laufe der Zeit begann ich, mit Studenten, Regisseuren und Schauspielern diese japanische Dichtform von drei Versen auszuprobieren. Als mich die Direktorin des Zirkus Upsala, Larisa Afanasieva, einlud, ein Projekt mit Kindern mit und ohne Behinderung zu gestalten, habe ich beschlossen, diese Dichtform als Grundlage zu benutzen, weil es von der Organik einfach gut gepasst hat. Abgesehen davon bestehen Zirkusaufführungen im Gegensatz zu reinen Theateraufführungen immer aus verschiedenen Nummern. Solche kurzen Gedichte eignen sich ideal für einzelne Darbietungen.
Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit mit dem Zirkus Upsala von der mit anderen Theatergruppen?
Ich muss gestehen, dass mir die Arbeit im Zirkus generell näher ist als die im Theater. Viele Jahre habe ich mit dem russischen Ingenieurtheater AKHE zusammengearbeitet. Beim Ingenieurtheater steht das Konzept des Tricks im Vordergrund. Es nicht darum Emotionen oder Handlungen zu imitieren, sondern dass klare Aktionen stattfinden, aus denen dann ein bestimmter Gefühlszustand erzeugt wird. Deshalb verbinde ich mit dem Zirkus klare Handlungen und konkrete Gegenstände. Somit war für mich die Arbeit mit dem Zirkus Upsala sehr angenehm. Die Zusammenarbeit mit Kindern jedoch, vor allem Kindern mit einer Behinderung, war für mich neu.
Und wie war die Arbeit mit den Kindern für Sie?
Es war großartig! Dank Larisa hatten wir nicht die Aufgabe, auf ein bestimmtes Ziel hinzuarbeiten. Es war ein Prozess. Schließlich einigten wir uns darauf, dass wir im Verlauf des Projekts entscheiden, ob eine Aufführung sinnvoll und machbar sei.
Hatten Sie Zweifel und Bedenken, da sie vorher noch nie mit Kindern mit Behinderung gearbeitet haben?
Natürlich! Doch als entschieden wurde, dass der Prozess im Vordergrund steht, habe ich mich davon gelöst. Hätte man mir gesagt, ich müsse in zwei Monaten zusammen mit dem Zirkus Upsala ein Stück auf die Beine bringen, hätte ich abgelehnt. Abgesehen davon stand mir mein Mann zur Seite, der in diesem Projekt als Pädagoge mitgewirkt und auf der Bühne die Rolle des Bashō übernommen hat. Aber natürlich auch die Pädagogen des Upsala Zirkus und Larisa Afanasieva selbst haben mir bei der Arbeit unheimlich viel geholfen. Zu wissen, dass ich nicht alleine bin, hat mir alle Ängste genommen. Dabei spielt das gesamte Team eine große Rolle, ohne die das Ganze hier nicht möglich wäre.
Diese Inszenierung feierte jetzt bei Grenzenlos Kultur in Mainz seine Deutschland-Premiere. Wie ist das für Sie?
Es ist einfach wundervoll wie wir vom Publikum aufgenommen wurden. Dies ist unser erster Gastauftritt mit „Ich bin Bashō“. In St. Petersburg kennt und liebt man uns bereits, doch der Start in Mainz mit dem herzlichen Applaus bestärkt uns in dem was wir tun.